Holz klingt gut - das wird jeder Geiger, Cellist, Klarinettist gerne bestätigen. Und schaut man sich in den Konzerthäusern dieser Welt um, ist Holz ein wichtiges, manchmal sogar das vorherrschende Baumaterial. Also klingt der Vorstoß des bayerischen Landwirtschaftsministers Helmut Brunner (CSU) nur plausibel: Münchens neuer Konzertsaal, der in den kommenden Jahren im Werksviertel hinterm Ostbahnhof entstehen wird, soll doch bitte aus Holz errichtet werden.
"Gerade dem Freistaat als Forst- und Holzland Nummer eins in Europa stünde ein repräsentativer Spitzenbau aus Holz gut zu Gesicht", warb Brunner in einem Brief an Kunstminister Ludwig Spaenle (CSU). Architektur-Experten sehen den Vorstoß durchaus positiv: Dem Bauen mit Holz gehöre die Zukunft, Bayern und Deutschland hinkten da international hinterher. Eine reine Holzphilharmonie sei deshalb aber noch nicht unbedingt wünschenswert.

Vorschlag:Agrarminister will Konzertsaal aus Holz bauen lassen
Helmut Brunner fordert einen "repräsentativen Spitzenbau" für das Forstland Bayern und verweist auf Beispiele aus Fernost.
So sieht es zumindest Karlheinz Müller von der Planegger Bauberatungsgesellschaft Müller-BBM. Er gilt weltweit als einer der besten Akustik-Experten und hat sich auch bei einem Konzerthaus um den rechten Klang gekümmert, das als Referenzobjekt für einen großen Holzbau gilt: das Teatro al Lago in Frutillar in den Anden. Im Jahr 2010 eröffnet, bietet es 1200 Zuschauern Platz in einem großen Holzbau - auf den ersten Blick. Der eigentliche Korpus des Gebäudes sei aber auch dort aus Stahlbeton, sagt Müller.
Auch der hoch gerühmte Goldene Saal im Wiener Musikverein, mit reichlich Holz ausgestaltet, stehe in Wänden aus Hartbrandklinkern. Das mache auch gar nichts: "Holz allein garantiert keine gute Akustik", sagt der Experte. Es komme vielmehr darauf an, aus einem "Strauß an Materialien" die richtige Mischung zu finden. Weiche und harte, vermeintlich klingende Hölzer und stählerner Beton schlössen sich nicht aus, wenn Architektur, Gestaltung und Zusammenstellung stimmten.
In Mitteleuropa gebe es einen Konzertsaal, dessen Raumhülle auch aus Holz und in das Gebäude eingesetzt wurde: der 2006 eröffnete Franz-Liszt-Saal in Raiding im Burgenland. Auch dort war Müller Berater für die Akustik, die als sensationell gut gilt - allerdings nur für ein Auditorium von 600 Zuhörern. In München ist ein Saal mit 1800 Plätzen geplant; "in dieser Größe würde es schwer sein, nur mit Holz zu bauen", glaubt Müller.
In Lahti steht seit 2000 die Sibelius-Halle, ein hölzernes Konzerthaus, das immerhin 1200 Zuhörern Platz bietet, allerdings mit erheblichem Aufwand konstruiert wurde - auch als Prestigeobjekt der finnischen Holzwirtschaft. In Deutschland würde so etwas womöglich an ganz banalen Dingen scheitern.
Denn hierzulande seien Bauherren viel zögerlicher als in anderen Ländern, weil es extrem strenge Brandschutzvorschriften gebe, so Karlheinz Müller. Diese ließen dann doch die meisten Bauherren konventionell mit Beton und Stahl bauen. Auch der Schallschutz stellt beim Holzbau für Architekten und Planer eine große Herausforderung dar. "Generell geht es um eine völlig andere Planungsmethode und Projektbegleitung", sagt Hans-Otto Kraus, der Chef der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GWG. "Hier handelt es sich nicht um die Bewältigung von Standardaufgaben."
Welche Bauprojekte mit Holz in München anstehen
Dem Bauen mit Holz haftet in München noch etwas Exotisches an, das ist keine Frage. Aber gerade Kraus gehört zu den Holzhaus-Fans. In den Neunzigerjahren ist an der Hofangerstraße in Perlach ein Block mit 45 Wohnungen entstanden - komplett in amerikanischer Holzsystemweise. Seither ist auf diesem Gebiet einiges in der Stadt passiert. Denn nach Ansicht von Kraus bietet das Material Holz die besten Voraussetzungen, die Umweltbelastung deutlich und auf Dauer zu reduzieren.
So setzte die GWG etwa bei der Modernisierung einer Siedlung in Sendling-Westpark auf Holzkonstruktionen. Auch in der Au wurde mit dem umweltfreundlichen Material aufgestockt, neu gebaut oder an bestehende Häuser angebaut. Auf dem Areal der ehemaligen Prinz-Eugen-Kaserne soll eine ökologische Mustersiedlung mit Holzhäusern entstehen. In Schwabing hat eines der größten Wohnungsunternehmen, die GBW-Gruppe, das erste innerstädtische Passivholzhaus Deutschlands errichtet. Heimisches Holz, wenig Heizkosten und ein gelungener architektonischer Auftritt - die Energiewende sollte hier ganz konkret zum Ausdruck kommen.
Holzbauten vermittelten ein besonderes Wohngefühl, sagt Kraus: "Die Menschen fühlen sich wohl, die Mieter-Fluktuation ist in diesen Objekten extrem gering."
Den Durchbruch hat der Holzbau in München allerdings noch nicht geschafft. Deswegen versuchen Experten wie Kraus oder Hermann Kaufmann, der österreichische Architekt und Professor für Entwerfen und Holzbau an der Technischen Universität München, immer wieder für Holz zu werben. Ein Großprojekt wie ein Konzertsaalbau würde ihnen gewiss helfen.