Kommunaler Finanzausgleich:Finanzreförmchen

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Arme Kommunen bekommen künftig ein klitzekleines bisschen mehr Geld - und murren trotzdem nur leise

Von Christian Sebald, München

Was für eine Harmonie! "Wir haben eine Kompromiss gefunden, der eine Balance zwischen den großen, den mittleren und den kleinen Kommunen herstellt", sagt Uwe Brandl (CSU), Bürgermeister der Stadt Abensberg und streitbarer Chef des bayerischen Gemeindetags. Der Nürnberger OB und Vorsitzende des bayerischen Städtetags, Ulrich Maly (SPD), ist ebenfalls voll des Lobes. "Es ist gelungen, Gerechtigkeitslücken zu schließen und schwache Gemeinden zu stärken." Der Deggendorfer Landrat und Präsident des Landkreistags, Christian Bernreiter (CSU), ist "dankbar für die Solidarität".

Lange Zeit klang das ganz anders. Noch vor einem Dreivierteljahr kündigte Brandl schrill an, er werde "mit 5000 Bürgermeistern zu einer Kundgebung auf dem Odeonsplatz in München erscheinen", wenn seine kleinen und armen Dörfer nicht endlich sehr viel mehr Geld vom Freistaat bekämen. Landräte-Chef Bernreiter prangerte "massive Ungerechtigkeiten" an. Der Freistaat schütte viel zu viel Geld an wirtschaftlich potente Kommunen aus. Die schwachen hätten das Nachsehen. Selbst Ministerpräsident Horst Seehofer sprach vor gar nicht so langer Zeit davon, dass man dem reichen München Geld abzwacken müsse. So massiv waren die Klagen, dass man sich schlussendlich auf eine Reform des kommunalen Finanzausgleichs einigte.

Der kommunale Finanzausgleich ist jenes komplizierte System, das die Zahlungen des Freistaats an die Gemeinden, Städte, Landkreise und Bezirke regelt. Mit 8,4 Milliarden Euro erreicht er 2016 einen neuen Rekord. Ein Eckpfeiler darin sind die sogenannten Schlüsselzuweisungen. Das sind Ausgleichszahlungen an finanziell schwächere Kommunen, manch einer nennt sie deshalb "Sozialhilfe für arme Gemeinden". Die Schlüsselzuweisungen, die 2016 auf 3,2 Milliarden Euro klettern, werden mit einer verzwickten Formel berechnet. Zwei Parameter sind die Einnahmen der jeweiligen Kommune aus der Gewerbesteuer und ihre Sozialausgaben.

Diese besondere Kombination aus Gewerbesteuer-Einnahmen und Sozialausgaben hat in der Vergangenheit immer wieder dazu geführt, dass sogar das reiche München mit seinen milliardenschweren Steuereinnahmen dreistellige Millionenbeträge an Schlüsselzuweisungen bekam. 2012 etwa strich die Landeshauptstadt 137 Millionen Euro Schlüsselzuweisungen ein, das oberfränkische Hof, das Schlusslicht in Bayern, kam auf gerade mal 20 Millionen. Klar, dass sich viele Lokalpolitiker benachteiligt fühlen.

Nun also die Reform. Nach einer Rechnung von Gemeindetagschef Brandl werden von den 3,2 Milliarden Euro Schlüsselzuweisungen, welche die Staatsregierung 2016 an alle 2056 Kommunen in Bayern ausschüttet, nun 70 Millionen Euro zugunsten armer Gemeinden umverteilt. 70 Millionen - das sind ganze 2,18 Prozent der Schlüsselzuweisungen insgesamt. Gemessen an dem neuen Gewerbesteuer-Rekord von 2,5 Milliarden Euro, den München dieses Jahr erwartet, fällt die Rechnung kaum besser aus. Auf jeden Fall aber längst nicht so gut, wie sich das viele Lokalpolitiker in Oberfranken und der Oberpfalz erwartet haben. Manch einer spricht von "Peanuts".

Fragt man Brandl, ob das nicht ein Reförmchen sei anstatt der Reform, die er über Monate hinweg lautstark gefordert hat, dann sagt er lapidar: Mehr sei nicht drin gewesen. Alle höheren Forderungen hätten zu "massiven Verwerfungen im Gesamtsystem" geführt. Die Folge wäre eine Eskalation des Streits zwischen Städten und Gemeinden gewesen. Landräte-Chef Bernreiter sagt das auch, man merkt ihm an, dass er unzufrieden ist. Städtetagschef Maly hingegen kann sich bestätigt fühlen. Er hat früh vorhergesagt, dass bei der Reform nicht viel herauskommen wird. Der Grund: Der kommunale Finanzausgleich, wie er Praxis ist seit vielen Jahrzehnten in Bayern, sei ein sehr bewährtes Verteilungssystem.

© SZ vom 04.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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