Königsplatz in Augsburg:100 Tage bis zur Ufo-Landung

Der Königsplatz, wichtigster Verkehrsknotenpunkt in Augsburg, wird bald wiedereröffnet. Bei dem Großprojekt ist Oberbürgermeister Kurt Gribl von der CSU ein Clou gelungen: Der Platz wird autofrei. Davon hätten nicht einmal die Grünen zu träumen gewagt. Mit Video.

Von Stefan Mayr

Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) hat schon einfachere Pressekonferenzen absolviert: Dort hämmert ein Presslufthammer, da kreischt eine Flex, dann tuckern drei Harley-Davidson mit niederländischen Kennzeichen vorbei. Und zu allem Überfluss funktioniert das Mikrofon nicht richtig. Das ist natürlich eher suboptimal, denn Gribl steht auf dem Königsplatz, und der ist und bleibt nun einmal der wichtigste Verkehrsknotenpunkt der Stadt. Zudem ist der "Kö", wie er von den Augsburgern genannt wird, seit März 2012 eine Großbaustelle. Wer hier also etwas zu verkünden hat, sollte nicht ohne Verstärker antreten.

Nun, Gribl bringt die technischen Probleme unter Kontrolle und seine Botschaft unters Volk: Nach eineinhalbjähriger Bauzeit mit unzähligen Umleitungen, Schienenersatzverkehren und Ausweich-Haltestellen wird der Kö am 15. Dezember wieder seinen Betrieb mit allen Bussen und Straßenbahnen aufnehmen. Am Freitag enthüllte OB Gribl eine Countdown-Uhr, die die Tage zur Wiedereröffnung herunterzählt. "Es sieht so aus, als würden wir pünktlich fertig werden", sagt Gribl. Er bezeichnet den Termin als "großen Meilenstein", damit mache die Stadt ihren Nahverkehr "fit für die nächsten 30 Jahre".

Tag für Tag steigen am Kö mehr als 100.000 Fahrgäste ein, um oder aus. Seine Bedeutung geht weit über Augsburg hinaus. Zuletzt war die Großhaltestelle allerdings hoffnungslos überlastet. Nach dem Abriss wird sie künftig von einem futuristisch anmutenden Neubau ersetzt. Wo früher hellblaue Wandfliesen das Flair der Siebzigerjahre versprühten, scheint nun ein dreieckiges Ufo über dem Boden zu schweben: vor allem abends, wenn das weit auskragende Vordach von 6000 LED-Lampen in ein weiß strahlendes Lichtband verwandelt wird.

Manch konservatives Gemüt wird den Bau womöglich ablehnen. Aber mit ein wenig Wohlwollen geht das Gebäude als städtebaulich gelungener Kontrapunkt zum altehrwürdigen Stadttheater am anderen Ende des Fugger-Boulevards durch.

Operation am offenen Herzen

Der Clou der Operation am offenen Verkehrsherzen: Das Umsteigezentrum wird leistungsfähiger und zugleich in die Fußgängerzone integriert. Das Konzept des Neusäßer Architektur-Büros Wunderle trägt den Beinamen "Der autofreie Kö". Es gewann in einem Ideen-Wettbewerb, den Oberbürgermeister Gribl per Bürgerentscheid durchgesetzt hatte. Diese erfolgreiche Abstimmung gilt bis heute als Gribls siegbringender Durchbruch im OB-Wahlkampf 2008.

Damals war er noch mit dem Wahl-Slogan "Tunnel statt Chaos" angetreten. Allerdings führte der Wettbewerb nach der Wahl zu einem ganz anderen Ergebnis: Die Privatautos werden künftig vorbeigeleitet. Über diese Volte ärgern sich Teile der CSU bis heute, sie werfen Gribl den Bruch von Wahlversprechen vor. Umso mehr freuen sich die Grünen, sie hätten zuvor nicht einmal von einem autofreien Königsplatz zu träumen gewagt.

Königsplatz in Augsburg: Städtebaulicher Kontrapunkt zum Stadttheater: Das futuristisch anmutende Umsteigezentrum wird in die Fußgängerzone integriert.

Städtebaulicher Kontrapunkt zum Stadttheater: Das futuristisch anmutende Umsteigezentrum wird in die Fußgängerzone integriert.

(Foto: Thomas Hosemann/oh.)

Der Umbau des Königsplatz-Gebäudes, der Gleise und Straßen kostet etwa 35 Millionen Euro. Etwa die Hälfte bezuschusst der Bund. Auf Kosten der Stadt wird zusätzlich der benachbarte Park aufgewertet. Und wo früher Autos durchrauschten, soll ein "großzügiger Platz" entstehen. Schon im Oktober starten die ersten Trams zu Testfahrten. Die Verantwortlichen sind optimistisch, dass der Nahverkehr am 15. Dezember planmäßig anrollen kann. Selbst einem vorgezogenen Wintereinbruch sehen sie gelassen entgegen: "Die Betonarbeiten sind weitgehend abgeschlossen, das wird kein Problem", sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Claus Gebhardt.

Der Kö ist nur eine von vielen Baustellen im Augsburger Stadtgebiet: Gleichzeitig wird der Belag der Fußgängerzone saniert, im Zuge des Großprojekts "Mobilitätsdrehscheibe" wird außerdem der Hauptbahnhof untertunnelt und mit einer Tram-Haltestelle versehen.

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