Kabarettistin Lisa Fitz und ihre Autobiographie:"Strauß dampfte wie ein Stier in der Brunft"

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Notgeile Deppen, dumme Hascherl: Kabarettistin Lisa Fitz beschreibt in ihrer Autobiographie unter anderem eine Anmachnummer von Franz Josef Strauß - und zeigt, dass ihre Weltsicht nicht allzu komplex zu sein scheint.

Franz Kotteder

Erstaunlicherweise sind Kabarettisten so etwas wie die Mimosen in jenem Teil des großen Garten Gottes, der für das sogenannte "Künstlervolk" reserviert ist. Nicht eben wenige Kabarettisten reagieren auf eine schlechte Zeitungskritik postwendend mit einem zornigen Leserbrief.

"Der lange Weg zum Ungehorsam": Lisa Fitz beschränkt sich in ihrer Autobiographie nicht auf ihre durchaus eindrucksvolle Kabarettkarriere. (Foto: Catherina Hess)

In dem steht, dass Zeitungsredakteure nichtswürdige Ignoranten sind, weil sie blutige Anfänger über ihre Aufführungen schreiben lassen, die erwiesenermaßen keinen Schimmer einer Ahnung von Kabarett hätten. Lisa Fitz macht da keine Ausnahme, und in ihrer soeben erschienenen Autobiographie "Der lange Weg zum Ungehorsam" ( Heyne Verlag, 19,99 Euro) gibt sie "meinen Journalisten mit all ihren facettenreichen und breit gefächerten Qualitäten" vorsichtshalber mal schon im Vorwort eine Warnung mit auf den Weg durch die 397 Textseiten: "Profil erreicht man durch Biss und Qualität - nicht durch Häme."

Ihr schwante wohl bereits beim Schreiben, dass das Buch durchaus Anlass für Häme bieten würde. Das zeigt, dass sie halt doch nicht immer die knallharte Powerfrau mit der Schwertgosche ist, die sie so gerne darstellt und sein möchte. Sondern dass es sie schon verletzt, wenn man sich über sie lustig macht.

Dabei handelt es sich - wir sind bei Lisa Fitz - nicht um jene Art von betulicher Verletzlichkeit, wie man sie in Frauenselbstfindungs-Seminaren auf Fuerteventura oder bei esoterischen Mondschein-Meditationen auf Alpenberghütten lernt. Sondern eben um das Gefühl, zu Unrecht angegriffen oder ganz einfach nicht verstanden zu werden. "Die ganzen letzten Jahre war ich in den Medien immer wieder als etwas dargestellt worden, was ich nicht war", schreibt sie einmal, kommt dann aber im Nachsatz zu der Erkenntnis: "woran ich aber zum Teil auch nicht ganz unschuldig war."

Das kann man wohl so sagen. Denn Lisa Fitz, die in knapp zwei Wochen ihren 60. Geburtstag feiert, hat sich ja nie damit begnügt, ihre durchaus eindrucksvolle Kabarettkarriere auszuleben, vom ersten der insgesamt zwölf Soloprogramme 1974 in der Münchner "Drehleier" bis hin zum vorerst letzten, "Super Plus! - Tanken und Beten", das 2008 Premiere hatte.

Die einzige Tochter von Molly und Walter Fitz aus der großen bayerischen Musiker-, Schauspieler- und Künstler-Dynastie der Fitzens hat ja vieles ausprobiert, schon früh dazu angeleitet von den Eltern, besonders vom Vater. Und so wurde sie schon mit 20 Jahren in ganz Bayern bekannt als Moderatorin der Fernsehsendung "Die bayerische Hitparade" und ihrer ersten Platte als Sängerin, die den aparten Titel trug: "I bin bläd".

Das Lied hatte sie selbst geschrieben, und es war quasi die erste vernehmbare satirische Lebensäußerung, weil sie darin unter anderem mit den Klischees über Blondinen spielt. Ihr selbst sollte in der Zukunft nicht so leicht etwas zu blöd werden - zumindest gewinnt man diesen Eindruck, wenn man sich durch das neue Werk hindurcharbeitet.

Da gibt es den ersten, ganz kurzen Filmauftritt im "Schulmädchenreport", auch Geschichten über Irrwege und fehlgeschlagene Projekte, es gibt den Auftritt im RTL-Dschungelcamp, und natürlich allerlei Liebes- und Bettgeschichten.

Die Fitz fasst das in dem gewagten Bild zusammen: "Alle Sümpfe wollten heißen Herzens und heißer Vulva durchwatet werden." Aber es hilft nichts, da muss man durch! Lisa Fitz räsoniert ja selbst darüber, dass sie mit ihrer Biografie und den Geschichten über ihr Liebesleben nun für einige Wochen die Boulevardmedien beschäftigen könnte.

Und zugleich liefert sie auch ausführlich Stoff für entsprechende Artikel und merkt selbst gar nicht das Lothar-Matthäus-Hafte ihrer bereitwillig in der Öffentlichkeit ausgebreiteten Liebesgeschichten. Nicht nur, wenn es um die kurze Ehe mit dem sehr viel jüngeren Kubaner Giovanni und die albernen Poolfotos in der Bild-Zeitung geht. Dass sie, die stolz darauf ist, eine der wenigen politischen Kabarettistinnen Deutschlands zu sein, nicht kapiert, wie die Bild funktioniert, nimmt man ihr dann doch nicht ab.

Umso weniger, als sie - quasi als Zuckerl für die Boulevardpresse - gleich noch eine bislang unbekannte Anmachnummer von Franz Josef Strauß berichtet. Der habe sie in die "Osteria Italiana" zum Abendessen eingeladen, später sei der CSU-Chef und Ministerpräsident dann etwas zudringlich geworden. "Er dampfte wie ein Stier in der Brunft", schreibt die Fitz, aber es gelingt ihr unter einem Vorwand, rechtzeitig die Flucht zu ergreifen.

Strauß war damals ein gereifter Mann, Lisa Mitte 20, und irgendwie fühlt man sich ja schon fast an Christian von Boetticher erinnert. Nicht auszudenken, was gewesen wäre, hätte es damals schon Facebook und SMS gegeben...

Derlei Zoten und Anekdoten gibt es reichlich im Buch, auch Lebensweisheiten aus dem Erfahrungsschatz der Fitz, manchmal lustig, bisweilen auch nervig. Ihre Weltsicht, so scheint's, ist nicht sehr komplex: Die meisten Männer sind liebestolle Deppen, die meisten Frauen aber auch nicht besser, weil dumme Hascherl. So einfach kann das Leben sein.

Ziemlich am Anfang des Buches wird die kleine Lisa von der Mutter gefragt, was sie denn später einmal werden wolle. "Kasperl", sagt sie, der gewitzte, siegreiche Typ aus dem Kasperltheater eben, der die Leute so schön unterhält. Später im Buch stellt sie befriedigt fest, dass sie dieses Berufsziel erreicht hat.

Und damit hat sie wohl auch irgendwie recht. Man muss das bloß nicht in jeder Hinsicht so positiv sehen wie Lisa Fitz.

© SZ vom 30.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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