Jahresbericht des Rechnungshofes:Wofür Steuergeld verschwendet wird

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Ineffiziente Solaranlagen, ein Servicezentrum mit Saunafunktion und Fördergelder fürs Schlachtschüsselessen: Der Bayerische Oberste Rechnungshof listet auf, wofür der Freistaat Bayern unnötig viel Steuergeld ausgibt - einige Beispiele.

"Zum neunten Mal in Folge macht der Freistaat keine neue Schulden, wenn man großzügig die zehn Milliarden Euro Schulden außer Betracht lässt, die 2008 und 2009 aufgenommen wurden, um die BayernLB zu retten", sagt Heinz Fischer-Heidlberger. Der Satz des Präsidenten des Bayerischen Obersten Rechnungshofes (ORH) lässt einen gewissen Zynismus erkennen. "Großzügig": Der ORH sucht jedes Jahr nach jenen Punkten in Bayern, an denen sich die Staatsregierung zu großzügig oder auch mal zu schludrig gibt, und legt dann den Finger in die Wunde. An diesem Dienstag präsentierte Fischer-Heidelberger den aktuellen ORH-Jahresbericht und kritisierte darin in vielen Punkten die Arbeit der Politik - die darauf eher ungehalten reagierte.

Ganz oben auf der Liste des Rechnungshofpräsidenten steht der rasante Anstieg der Staatsausgaben, diesen halte er für "bedenklich". Denn zum neunten Mal in Folge seien die Staatsausgaben in Bayern schneller gewachsen als der Preisanstieg. Auch die Entwicklungen bei der BayernLB nimmt er ins Visier: Die Landesbank komme in ihrem Bemühen, den Freistaat von finanziellen Lasten zu befreien, offenbar kaum voran. (Mehr zu diesen Punkten lesen Sie hier.)

Bei seiner jährlichen Überprüfung des Staatshaushaltes nimmt der ORH aber nicht nur das große Ganze unter die Lupe - sondern auch viele vermeintliche Kleinigkeiten. Beispiele gefällig?

  • Im Visier der Rechnungsprüfer sind einige Träger von Erwachsenenbildung, die zu Unrecht staatliche Förderung kassierten. So habe es staatliche Zuschüsse für die Durchführung von Studienreisen in "ferne Länder", zu "interessanten Metropolen", "schönen Wanderzielen" oder "Paradiesen im Atlantik" gegeben. Auch seien Steuergelder für Veranstaltungen zum Thema "Fasching, Karneval etc." oder für Fisch- und Schlachtschüsselessen, Biergartenbesuche und Grillfeste geflossen. Offenbar prüft das Kultusministerium bereits, ob Fördermittel für die vergangenen Jahre zurückgefordert werden können.
  • Unwirtschaftliche Solar- und Photovoltaikanlagen auf staatlichen Gebäuden: Wegen Mängeln bei Planung, Errichtung und Betrieb arbeiteten die Solaranlagen "in der Regel" nicht effizient, heißt es in dem Bericht. Der Grund: "falsch geplant, fehlerhaft errichtet und/oder unzureichend gewartet". Ähnlich sieht es bei Photovoltaikanlagen zur Stromerzeugung aus. Sie könnten wirtschaftlich sein, wenn die Verwaltung auf aufwendige und teure Sonderkonstruktionen verzichte, bzw. die Module richtig ausgerichtet würden.
  • Repräsentativ sollte es sein und transparent, das Servicezentrum des Münchener Finanzamts: Leider wurde nicht nur der gesamte Neubau viel teurer als geplant, er sorgt bei den Mitarbeitern auch noch für Ärger. Denn die teure Glasfassade verursacht im Sommer ein stickiges Klima im Inneren. Auch teure Nachbesserungen konnten dagegen nur wenig ausrichten. Arbeiten in der Sauna.
  • Beim Feuerwehr-Erholungsheim in Bayerisch Gmain bemängelt der Rechnungshof die unklare rechtliche Regelung. Das Haus "betreibt der Staat nicht selbst, sondern hat die Immobilie im Wert von gut und gerne 14,5 Millionen Euro einem gewerblich tätigen Verein überlassen. Aber auf welcher Grundlage? So ganz klar war und ist das nicht, denn schriftlich ist nichts fixiert", heißt es in dem Bericht. Der ORH fordert einen "angemessenen Pachtzins" oder den Verkauf der Immobilie. Immerhin entgehen dem Staat so Einnahmen - und Fördergelder für die Feuerwehr werden womöglich unzulässig umgeschichtet.
  • Kritik meldet der ORH auch an der Förderung von Landesgartenschauen an - das Förderverfahren sei intransparent, und es sei eine ganze Reihe von Verstößen gegen die Förderbestimmungen festgestellt worden, heißt es im ORH-Bericht. "Hat eine Kommune den Zuschlag für eine Gartenschau erhalten, muss sie zwingend mit einer bestimmten Gesellschaft zusammenarbeiten, sonst erhält sie keine Förderung. Damit ist jedem Wettbewerb der Boden entzogen."
  • Auch die Förderung von Kinder- und Jugendtheatern hat der ORH untersucht. Die Voraussetzungen für die "sehr hohe" staatliche Förderung des Münchner Theaters für Kinder lägen nicht mehr vor, weil die Stadt München sich nicht beteilige. Die Förderung solle deshalb, eventuell nach einer Übergangszeit, eingestellt werden. Das Wissenschaftsministerium schlug dafür einen Zeitraum von zwei Jahren vor. Das Theater strebt nun eine kommunale Förderung an und plant eine Kooperation mit einem anderen Kindertheater.
  • Auch die Steuerbehörden sind wieder einmal im Visier: Unter anderem ließen sich die Finanzämter bei der Festsetzung der Erbschaft- und Schenkungssteuer viel zu viel Zeit; zudem werde eine Software, die aus den Einkommensteuererklärungen besonders risikoreiche Fälle herausfiltern soll, nicht richtig genutzt. Dies führe zu Steuerausfällen von 18 Millionen Euro im Jahr. Die Rechnungsprüfer monieren auch, dass Personengesellschaften mit mehr als zehn Beteiligten die Steuererklärung immer noch auf Papier abgeben müssen. Das sei "anachronistisch, aufwendig und fehleranfällig".

In der Staatsregierung sorgt der ORH-Bericht für schlechte Stimmung. Vor allem die Kritik an den rasant steigenden Staatsausgaben hat den Zorn der Staatsregierung geweckt. Ministerpräsident Horst Seehofer, Finanzminister Markus Söder und Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer (alle CSU) wiesen die Vorwürfe am Dienstag unisono zurück.

Seehofer äußerte sich vor Beginn einer Landtagssitzung nicht zu der Kritik - er verwies auf den zuständigen Minister Söder. In der Kabinettssitzung zuvor drückte der Ministerpräsident dem Vernehmen nach aber sein Unverständnis über den ORH-Bericht aus. Was man eigentlich mehr wolle, fragte Seehofer demnach mit Blick auf die Schuldentilgung.

Finanzminister Söder sagte zu der Kritik: "Manchmal würde man sich schon wünschen, dass man einen fairen Maßstab bekommt." Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) werde dafür gelobt, dass er beabsichtige, in eineinhalb Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. "Bayern hat den besten Haushalt und wird dafür heftig kritisiert. Ich betrachte dass im Endeffekt als eine Luxuskritik", sagte Söder. "Wir haben wenig Verständnis für die Grundsatzkritik des ORH. Da von irgendwelchen Haushaltslöchern zu reden, weisen wir zurück." Fraktionschef Kreuzer nannte die Kritik des Rechnungshofs überzogen.

Jahresbericht des Rechnungshofes
:Rüge für die Staatsregierung

Kritik der Kassenprüfer: Der Bayerische Oberste Rechnungshof legt heute seinen Bericht vor und kritisiert, dass die Staatsregierung mehr Geld ausgibt als sie einnimmt - obwohl die Steuereinnahmen sprudeln. Auch die BayernLB bleibt ein Sorgenkind.

Von Mike Szymanski

Die Opposition sieht sich dagegen in ihren Klagen bestätigt. "Obwohl die Steuereinnahmen sprudeln, schafft es Söder nicht, mit den Einnahmen auszukommen", sagte die Grünen-Haushaltspolitikerin Claudia Stamm. Eine "Blamage" für den Minister sei auch die personelle Unterbesetzung in der Steuerverwaltung. Volkmar Halbleib (SPD) sagte dazu, Söder versage beim Steuervollzug auf der ganzen Linie. "Die Mängel gehen zu Lasten der Steuergerechtigkeit und der Steuereinnahmen in Bayern."

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