Inning:Schnelleres Internet

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1250 Kommunen profitieren, aber insgesamt hinkt Bayern hinterher

Von Max Ferstl und Maximilian Gerl, Inning

Markus Söder drückt den weiß-blauen Knopf, der natürlich einen großartigen Effekt verspricht: die Geschwindigkeit des Internets in 1250 bayerischen Kommunen zu verdoppeln. Zwar kommt das neue Tempo, 100 Megabit pro Sekunde, erst in der kommenden Woche in den Orten an. Aber "symbolisch einschalten", wie es in der Einladung heißt, kann man das neue Internet ja schon mal. "Wir warten nicht auf irgendwann", sagt Söder oben auf der Bühne. In Inning am Ammersee wohnen etwas mehr als 4000 Menschen, einige Dutzend sind gekommen, um sich das symbolische Einschalten durch den Ministerpräsidenten anzusehen. Im Hintergrund reckt sich der Kirchturm, daneben der massive Bauernhof. Das Ganze ergibt insgesamt eine recht stimmige Kulisse, vorausgesetzt jemand will die Botschaft aussenden, dass schnelles Internet auch in Dörfern und kleinen Gemeinden eine Selbstverständlichkeit ist. "Es geht nicht, dass alles Geld in München investiert wird", sagt Söder. Mehr als 40 000 Kilometer Glasfaser habe man bisher in Bayern verlegt. Der Breitbandausbau schreite zügig voran.

Tatsächlich ist in den vergangenen Jahren einiges passiert. Umfangreiche Förderprogramme wurden gestartet, Tausende Kilometer Kabel quer durch die Republik verlegt. Trotzdem quält sich Bayern, ja Deutschland, seit Jahren mit dem Internet. Andere Staaten haben früher angefangen, in ihre digitale Infrastruktur zu investieren - entsprechend hohe Bandbreiten sind dort verfügbar. Das Land Salzburg etwa peilt schon 400 Mbit pro Sekunde als neuen Standard an. In Estland, dem EU-Primus in Sachen Internet, verfügen bereits 73 Prozent der Bevölkerung über Glasfaseranschlüsse. Und in Südkorea sind in einigen Ballungszentren Anschlüsse geplant, die mal Downloadgeschwindigkeiten von rund 52 Gigabit pro Sekunde ermöglichen sollen. Ein Gigabit entspricht 1000 Mbit. Zum Vergleich: In Deutschland will man bis 2025 flächendeckend in den Bereich von einem Gigabit pro Sekunde vorstoßen. Ein Ziel, das Söder in Inning bekräftigt.

Doch das Gigabit-Ziel zu erreichen, ist aufwendig. Dafür benötigt jedes Haus eine Leitung aus Glasfaser, die deutlich höhere Geschwindigkeiten ermöglicht als die bestehenden Kupferkabel. "Hätten wir nur Glasfaser in Häuser gelegt, hätten nur 20 Prozent der Haushalte tolles Internet", sagt Telekom-Chef Tim Höttges. Die restlichen 80 Prozent der Haushalte würden über weniger als zehn Megabit verfügen. Höttges Firma ist für viele Projekte in Bayern zuständig und hat auch die Veranstaltung am Donnerstag organisiert. Der Ausbau des Breitbandes, wie er in den vergangenen Jahren betrieben wurde, war ein Kompromiss. Man zog die schnellen Glasfaserkabel bis in die grauen Verteilerkästen, die überall herumstehen. Von dort führen nicht immer, aber oft Kupferkabel in die Häuser. Die letzten Meter rauscht das Internet also quasi nicht mehr über die Schnellstraße, sondern über den Feldweg,

Trotzdem: Für die meisten Haushalte genügen 50 oder 100 Mbit pro Sekunde ohnehin, die Unterschiede sind gering. Um einen Film im Internet zu streamen, sind diese Bandbreiten ausreichend. Firmen dagegen arbeiten oft mit deutlich größeren Datenpaketen. Entsprechend größere Bandbreiten benötigen sie - und der Bedarf steigt ständig. Für viele ist eine leistungsfähige Internetverbindung heute das, was früher ein Autobahnanschluss war. Architekten etwa senden Baufirmen komplexe Pläne, Druckereien erhalten Seitenlayouts, und Metallbauer schicken Schnittmuster an automatisierte CNC-Fräsen. Wenn dann die Verbindung zu schlecht ist, dauert der Datenversand nicht nur zu lange; er kann sich sogar geschäftsschädigend auswirken, weil Kunden lieber zur Konkurrenz mit dem schnelleren Anschluss wechseln. Von Vertretern der Wirtschaft ist daher regelmäßig zu hören, dass eine flächendeckende Versorgung mit 50 Mbit pro Sekunde nur ein Zwischenschritt sein könne.

© SZ vom 06.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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