Ingolstädter Korruptionsaffäre:"Klare unternehmerische Verflechtung"

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Als "Herr der Kräne" hat ein Ingolstädter Stadtmagazin den Bauunternehmer Hans Mayr mal bezeichnet und ihn so zitiert: "Eine Stadt, in der keine Kräne zu sehen sind, hat Probleme." Solche Probleme hat freilich das prosperierende Ingolstadt nicht - und Mayr, dessen Firma in Neuburg an der Donau sitzt, mischt auch mit. Aus dem maroden Theresien-Center machte er ein modernes Geschäftshaus. Keiner habe sich an das heikle Projekt getraut, hört man, bis es "der Mayr Hansi" anpackte. Eine frühere Apotheke in der Moritzstraße hat er erstrahlen lassen, die Tourismusgesellschaft residiert jetzt darin. Seit ein paar Jahren hat er eine Niederlassung in Ingolstadt, ein markanter Bau, im Volksmund "Zigarrenkiste".

Normale Geschäfte. Und doch rückt der Unternehmer nun ins Visier der Opposition im Rathaus - auf einem Nebenschauplatz der Korruptionsaffäre am Klinikum. In Letzterer ermitteln Staatsanwälte im Geflecht um den Ex-Geschäftsführer, der Verwandten lukrative Aufträge verschafft haben soll. Ebenfalls ermittelt wird beim Verkauf des alten Klinikums, der bis 2014 amtierende OB und spätere Stadtrat Alfred Lehmann (CSU) hat auf dem Areal eine Wohnung gekauft. Am Montag stellte das "Zweckbündnis" aus SPD, Grünen, Bürgergemeinschaft und ÖDP dem jetzigen OB Christian Lösel (CSU) im Stadtrat 70 Fragen; nicht nur zu der Klinik-Affäre, auch zu privaten Investitionen von Alt-OB und OB. Die beiden Vertrauten - Lösel gilt als politischer Ziehsohn Lehmanns - sind geschäftlich eng verbunden, sie gründeten mit ihren Gattinnen eine Firma namens Arbor. Diese ist an einer Firma von Mayr beteiligt, die eine Industriehalle bei Neuburg besitzt. Mayr hatte das Objekt für den Audi-Zulieferer Magna gebaut. Zudem ist die Sparkasse Neuburg beteiligt.

Beziehungen zwischen Arbor und der Stadt Ingolstadt verneinte Lösel im Stadtrat vehement. Arbor sei "seine Altersvorsorge", Privatvermögen und das solle "im Sinne meiner Familie privat bleiben". Die Opposition hat Zweifel. Es gebe eine "klare unternehmerische Verflechtung" zwischen OB und dem in Ingolstadt aktiven Bauunternehmer, heißt es in einer Mitteilung. Mehr noch: Lösel habe dem Verwaltungsrat der städtischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft IFG empfohlen, den Posten eines weiteren Vize-Vorsitzenden zu schaffen und ihn mit Lehmann zu besetzen. Kurz darauf habe die IFG vorgeschlagen, für das Tourismusbüro eine Immobilie zu mieten: die von Mayr sanierte Apotheke. Später sei bekannt geworden, dass Lehmann bei Mayr als Berater auf der Lohnliste steht. Und nun gebe es noch die Arbor-Schiene: Lösel-Lehmann-Mayr. Generell sei die Altersvorsorge des OB nicht von Belang. Wer hier aber "keinen Interessenkonflikt sieht", der sei "mit politischer Blindheit geschlagen". Zusätzlich zu den 70 Fragen, die sich vor allem um das Klinikum drehten, gibt es 20 weitere an Lösel.

Hans Mayr äußerte sich am Freitag in der Neuburger Rundschau. Beim Industriehallen-Projekt sei alles korrekt, es sei auch in den Gremien der Sparkasse geprüft worden. "Für mich ist es eine Ehre, dass Lösel in Neuburg und nicht in Ingolstadt investiert hat, wo er OB ist." Mayr ist in Neuburg CSU-Stadtrat und Wirtschaftsreferent. Der Mietvertrag für das Tourismusbüro datiere auf Ende September 2014. Der Beratervertrag mit dem Alt-OB sei im Oktober entstanden. Während der Laufzeit habe es keine Neugeschäfte mit der Stadt gegeben. "Eine offensive Aufarbeitung der im Raum stehenden Fragen ist Dienst am Bürger und für mich selbstverständlich", teilte OB Lösel auf SZ-Anfrage mit. Dies ist im Stadtrat am 21. Februar vorgesehen. Sein Sprecher ergänzte: Es sei "befremdlich, dass bereits jetzt eine politische Bewertung vorgenommen wird, bevor die gestellten Fragen überhaupt beantwortet worden sind".

© SZ vom 28.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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