Politikerpaar bei Bavaria-Film:Seehofer im Sturm der Liebe

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Sturmerprobt sind Ministerpräsident Horst Seehofer und seine Frau Karin, sei es in der Liebe oder in der Politik. Nun erforscht das Paar die Bavaria-Filmstudios - und tapert doch sehr zaghaft durch die Kulissen der ARD-Soap "Sturm der Liebe".

Ulrike Heidenreich

Es sind aufwühlende Erkenntnisse, die man gewinnt, wenn man sich systematisch dem Sturm der Liebe nähert. Man arbeitet sich durch Massen von Protagonistenpaaren und aktuellen Hauptdarstellern hindurch. Ständig wechseln die Konstellationen und Liebschaften.Was logischerweise folgt, sind ellenlange Listen mit ehemaligen Haupt- und Nebendarstellern, säuberlich in der Reihenfolge des Ausstiegs notiert: Existenzen, nach denen heutzutage kein Hahn mehr kräht - ein brutales Geschäft.

Mitten im Sturm der Liebe ist das Ehepaar Seehofer bei der Besichtigung der Bavaria-Filmstudios angekommen. Und die beseelten Blicke der jungen Darsteller scheinen den Ministerpräsidenten und seine Frau Karin durchaus zu inspirieren. Auch wenn sie vorher nie etwas von der täglichen Serie gehört hatten. (Foto: ddp)

Von diesem Geschäft verstehen auch Horst und Karin Seehofer einiges - sie sind sturmerprobt, ob es um die Liebe geht oder um die Politik. Trotzdem tapert das Paar recht zaghaft durch die Kulissen der Daily-Soap Sturm der Liebe auf dem Bavaria-Filmgelände im Süden Münchens.

Kein Wunder, sind sie doch am Mittwoch zum ersten Mal hier und haben außerdem noch nie die erfolgreiche Telenovela gesehen, wie sie freimütig zugeben. Täglich läuft eine Folge von Sturm der Liebe um 15.10 Uhr in der ARD, zu dieser Uhrzeit kümmert sich der Ministerpräsident normalerweise liebevoll um die FDP und den Staatshaushalt, und seine Frau spielt daheim in Ingolstadt vermutlich lieber Tennis.

Wie auch immer - als die Seehofers im Januar beim Filmball in München auf die Chefs der Bavaria Film GmbH trafen und beiläufig sagten, dass sie das Gelände in Grünwald gar nicht kennen, ereilte sie prompt eine Einladung.Geschäftsführer Achim Rohnke nutzt die Gelegenheit, um das Erfolgsprodukt seiner Bavaria Fernsehproduktion zu preisen, das seit fünf Jahren nonstop läuft, in 20 Länder verkauft wurde und in Italien gar ein Straßenfeger zur besten Sendezeit ist.

"Tempesta d'amore" rollt Darstellerin Judith Hildebrandt dem Ministerpräsidenten entgegen, was sich zweifelsohne spannender als Sturm der Liebe anhört und Seehofer sofort aufhorchen lässt. "Habt Ihr einen Tipp für mich?", fragt er die Darsteller auf dem Seriensofa und bevor klar wird, was er damit genau meint, sagt Karin Seehofer zu ihm: "Hier musst Du einmal mitspielen!"

Ein vergnügliches Stündlein mit starker Fotografenpräsenz war's also für alle Protagonisten und es ist naheliegend, dass das Foto-Motiv "Seehofers beim Sturm der Liebe" immer wieder gerne aus den bunten Archiven geholt wird, wenn über das uneheliche Töchterlein in Berlin berichtet wird.

Am Schicksal der Serienstars nimmt der Ministerpräsident jedenfalls, nunja, aufrichtig Anteil, als er fragt: "Muss da auch jemand sterben?" und die Schauspieler ihm hingerissen von Flugzeugabstürzen in Afrika und allerlei anderen grässlichen Filmtodesarten berichten oder tatsächlich sagen: "Ich war im Koma."

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Die Identifikation mit ihrem Job, sagt Seehofer den Darstellern, erinnere ihn an die Politik. Und sieht weitere Gemeinsamkeiten: "Auch in der realen Politikwelt geht es darum, das Ganze bestens und unterhaltsam darzustellen." Interessant findet der CSU-Mann übrigens die Machtverteilung bei den Filmleuten: Pro Staffel wechseln sich immer zwei Regisseure ab. "So ist's erträglicher. Das müssten wir in der Politik auch machen."

"Ich bin ja mit 1,93 Meter in der Länge ungefähr gleich": Horst Seehofer zeigte sich begeistert vom König-Ludwig-II-Kostüm. (Foto: dpa)

Karin Seehofer widmet sich derweil im Kostümfundus der Bavaria den wesentlichen Dingen: den Wespentaillen-Orginalkostümen von Liselotte Pulver, Audrey Hepburn oder Lilli Palmer aus Produktionen auf dem Bavaria-Gelände.

Den Schlüssel zur Fürstensuite, den ihm der Film-Concierge aus dem imaginären Hotel im Sturm der Liebe in die Hand gedrückt hat, hat Horst Seehofer inzwischen wieder brav an der Rezeption zurückgegeben und begeistert sich im Fundus für Problembär Bruno: ein Bärenkostüm, zahnlos auf einem Stuhl platziert, das zurzeit ihr "Vermiet-Highlight" ist, wie die Leute aus dem Kostümfundus sagen.

Als kleine bayerische Sehenswürdigkeit hat man am Eingang auch das Gewand eines römischen Zenturio ausgestellt. "Das hat sich der Söder mal ausgeliehen", sagt Rohnke. "Was, der Söder?" fragt Seehofer überrascht und klopft auf das Brustschild des Zenturio-Kostüms: "Bissl schmalbrüstig. Das war sicher eng für ihn." Um dann begeistert vor einem König-Ludwig-II-Kostüm stehen zu bleiben. "Ich bin ja mit 1,93 Meter in der Länge ungefähr gleich."

Als harte, politische Nachricht von dem Bavaria-Besuch bleibt zu erwähnen, dass es nun sichere Zeichen gibt, wie lange Horst Seehofer als Ministerpräsident weitermachen will oder wird: "Das Kostüm ziehe ich an, wenn ich das letzte Mal in Veitshöchheim bin." Veitshöchheim - in diesem Ort geht jedes Jahr die fränkische Fastnacht mit allerlei Politprominenz über die Bühne. Dieses Jahr hatte sich Seehofer dort lediglich mit einer roten Fliege verkleidet.

© SZ vom 05.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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