Herdprämie:Das Betreuungsgeld wird bayerisch

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Für Familien, die ihren Nachwuchs nicht in Betreuungseinrichtungen geben, zahlt die Staatsregierung künftig 150 Euro pro Kind und Monat. (Foto: Michaela Rehle/Reuters)

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zahlt künftig der Freistaat die monatlich 150 Euro an Familien. Die Opposition lehnt das Vorhaben ab und fordert stattdessen mehr Geld für die Kinderbetreuung

Von Daniela Kuhr, München

Bayerns Familien werden weiterhin - und vor allem ohne Unterbrechung - Betreuungsgeld erhalten. Das Kabinett beschloss am Montag einen entsprechenden Gesetzentwurf. "Wir sichern einen nahtlosen Übergang von der bisherigen Bundesleistung zur Landesleistung", sagte Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (CSU). Denn als das Bundesverfassungsgericht das Betreuungsgeld im Juli aus formalen Gründen gekippt habe, hätten bereits viele Eltern fest mit der Leistung gerechnet. "Familienpolitik muss verlässlich sein", sagte Müller.

Nach dem jetzt beschlossenen Gesetzentwurf können Eltern somit auch künftig vom 15. Lebensmonat ihres Kindes an monatlich 150 Euro erhalten - längstens bis zum 36. Lebensmonat. Voraussetzung ist, dass sie für ihr Kind keinen Platz in einer Kita oder sonst einer staatlich geförderten Betreuungseinrichtung in Anspruch nehmen. Neu ist, dass Bayern - anders als bisher, als das Geld noch vom Bund bezahlt wurde - die Auszahlung der Leistung künftig daran knüpfen will, dass Eltern ihre Kinder rechtzeitig zu den ärztlichen Früherkennungsuntersuchungen bringen. Sie müssen also belegen, dass sie die Termine wahrgenommen haben. Zudem bekommen sie nur dann Geld, wenn sie bereits mindestens zwölf Monate in Bayern wohnen. Damit sollten "Mitnahmeeffekte" vermieden werden, stellte Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) klar. Also etwa, dass Elternteile, die zwischen zwei Bundesländern pendeln und in Bayern nur ihren Nebenwohnsitz angemeldet haben, künftig nicht einfach Betreuungsgeld beantragen. Als der Bund nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zugesagt hatte, die für das Betreuungsgeld nun nicht mehr benötigten Mittel den Ländern zur Verfügung zu stellen, beschlossen die meisten Bundesländer, die Gelder stattdessen in den Ausbau von Kitas zu stecken. Bayern dagegen will das Betreuungsgeld nun auf eigene Faust fortsetzen - nicht zuletzt aus Gründen der Gerechtigkeit, wie Huber sagte. Schließlich würden Plätze in einer öffentlich geförderten Einrichtung mit bis zu 1000 Euro pro Monat bezuschusst. 116 000 Familien haben in Bayern im zweiten Quartal dieses Jahres Betreuungsgeld bezogen, das sind 73 Prozent derjenigen, die Anspruch auf die Leistung haben. Allein diese Quote zeige schon, "dass die Leute das wollen und auch brauchen", sagte Huber.

Allerdings reicht das Geld, das der Bund den Ländern zur Verfügung stellt, bei Weitem nicht, damit Bayern das Betreuungsgeld auch in Zukunft zahlen kann. Das Land wird auch selbst einiges aufbringen müssen: in diesem Jahr 20 Millionen Euro, dann von Jahr zu Jahr ein steigender Betrag bis hin zu durchschnittlich 230 Millionen Euro im Jahr von 2019 an.

Von der Opposition gab es massive Kritik an dem Gesetzentwurf. Man könne jeden Euro nur einmal ausgeben, sagte die Generalsekretärin der Bayern-SPD, Natascha Kohnen. "In der frühkindlichen Bildung und in neuen Kita-Plätzen ist das Geld besser aufgehoben." Auch die Freien Wähler lehnen das Betreuungsgeld ab, unter anderem weil es Frauen davon abhalte, berufstätig zu sein. Die bayerischen Haushaltsmittel müssten "in erster Linie in die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für beide Elternteile einfließen", sagte Eva Gottsein, frauenpolitische Sprecherin der Freien Wähler.

© SZ vom 06.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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