Gerichtsstreit über Legasthenie:Abiturienten kämpfen gegen Vermerk im Zeugnis

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Ihre Abi-Zeugnisse waren gut, richtig freuen konnten sich die drei Abiturienten trotzdem nicht. Denn ihnen wurde darin eine "fachärztlich festgestellte Legasthenie" bescheinigt. Die drei fühlen sich dadurch diskriminiert - und ziehen bis vor den Verwaltungsgerichtshof.

Drei bayerische Abiturienten kämpfen gerichtlich gegen einen Vermerk über ihre Rechtschreibschwäche in ihrem Abiturzeugnis. Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ging der Streit mit dem Freistaat am Dienstag in eine neue Runde. Die Abiturienten sehen in dem Hinweis einen Verstoß gegen die Grundrechte der Gleichbehandlung und der Berufsfreiheit sowie eine Missachtung des EU-Diskriminierungsverbotes.

Die 23 Jahre alten Kläger hatten ihr Abitur vor vier Jahren abgelegt, einer an einem staatlichen Gymnasium in Garching bei München, seine beiden Mitstreiter an einer staatlich anerkannten Privatschule in der Region. Ihre Reifezeugnisse enthielten jeweils den Eintrag einer "fachärztlich festgestellten Legasthenie" und den Hinweis, dass ihre Rechtschreibleistung "nicht bewertet" wurde.

Vor dem Verwaltungsgericht erstritt das Trio einen Teilerfolg - der Staat wurde verpflichtet, den Abiturienten neue Zeugnisse ohne den Eintrag der Legasthenie auszustellen. Darüberhinaus wurden die Klagen abgewiesen. Dagegen gingen die drei in Berufung. Sie fühlen sich als Opfer einer "unmittelbaren unverhältnismäßigen Diskriminierung", sagte ihr Anwalt Thomas Schneider. Eine Notwendigkeit für den Hinweis sei nicht erkennbar.

Für die Zuteilung eines Studienplatzes spielten die Einträge keine Rolle, sagte der Vorsitzende Walter Häring. Hier entscheide der Notendurchschnitt. Zwei der jungen Männer studieren Maschinenbau, der dritte ist angehender Psychologe.

Oberlandesanwalt Christian Zappel berief sich als Vertreter des öffentlichen Interesses auf den Grundsatz der "Zeugniswahrheit". Dafür seien die Einträge notwendig. Diese beschränkten sich inzwischen nach Vorgabe des Verwaltungsgerichts "auf den klaren Hinweis, was nicht prüfungsfähig war", das Wort Legasthenie komme nicht mehr vor. Der VGH muss nun auch prüfen, auf welcher Grundlage derartige Einträge überhaupt erfolgen können. Es gehe dabei um eine politische Entscheidung, sagte der Richter. Dabei sei auch an die Notwendigkeit eines Gesetzes zu denken. Die Einträge stützen sich bisher lediglich auf Verwaltungsanordnungen.

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