Fundsachen:Lack, Leder und ein Kuschelmonster

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Moderne Sitten und Gebräuche lenken das menschliche Gehirn einfach ab - auch im Zug. Interessant ist, was Menschen alles vergessen. Und wie die Fundsachen dann an den Mann gebracht werden.

Glosse von Hans Kratzer

Vor etlichen Tagen hat ein zerstreuter Münchner Jüngling seine Braut ins Auto geladen, um sie zur Hochzeitsfeier zu kutschieren. Der Bräutigam musste dann an einer Autobahnraststätte tanken, die Braut vertrat sich die Beine. Nach dem Bezahlen sprang der Fahrer ins Auto und düste munter von dannen - allerdings ohne seine Liebste, die er heulend zurückließ. Er hatte sie schlichtweg vergessen. Dieser Vorfall markiert insofern eine Novität, als bei solchen Gelegenheiten meistens Schwiegermütter ausgesetzt werden.

Schnell noch Mails checken, einen sinnlosen Post auf Facebook absetzen, kurz telefonieren - die modernen Sitten und Gebräuche haben uns rast- und ruhelos gemacht und überfordern unser Gehirn. Dieses Phänomen kennt auch die Deutsche Bahn, respektive die Südostbayernbahn, die am Sonntag zum Tag der offenen Tür nach Mühldorf eingeladen hatte. Höhepunkt war eine Versteigerung von Fundsachen, die Bahnkunden in den Zügen vergessen hatten.

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Vorweg: Eine Braut wurde nicht versteigert, aber trotzdem war die Präsentation der 120 Objekte vergnüglich und lehrreich. Überraschend wurde diesmal kein Gebiss angeboten. Das ist der Klassiker unter den Verlustobjekten, vor allem auf der Wiesn, wo die Beißer durch das Bier rasch außer Kontrolle geraten.

Gut 250 000 Besitztümer haben Bahnkunden im Vorjahr in deutschen Zügen vergessen. Dazu zählte auch das metergroße Kuschelschaf, das im Festzelt der Südostbayernbahn für 17 Euro versteigert wurde. Neue Besitzer fanden auch eine Edelkamera, eine Herrenuhr, Gehstöcke und Rucksäcke, Koffer und eine E-Gitarre. Es nahm alles seinen gediegenen Verlauf, bis der Auktionator plötzlich Lackstiefel und Dessous hervorkramte.

Schau an, es war auch Reizwäsche im Zug liegen geblieben, und das, obwohl erotische Eskapaden in der Südostbayernbahn unüblich sind. Das liegt sicherlich an den Zugbegleiterinnen, die mit klaren Ansagen und bisweilen auch mit drohendem Blick für die Einhaltung der guten Sitten in den Abteilen sorgen.

Wer Lust bekommen hat, Fundstücke der Deutschen Bahn zu ersteigern, dem bietet sich am nächsten Sonntag in der Freilassinger Lokwelt eine weitere Gelegenheit (12 bis 15 Uhr).

© SZ vom 13.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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