Füssen:Fruchtig fair

Ein Start-up aus dem Allgäu versucht, mit getrockneten Mangos Gutes zu tun

Von Maximilian Gerl, Füssen

Am Anfang haben Bekannte schon gefragt: Und davon kann man leben? Kann man, sagt Nico Krebs. Vorausgesetzt, er und seine Freundin treiben bis Ende des Monats 15 000 Euro auf. So viel brauchen sie, um einen Container mit getrockneten Mangostreifen aus Afrika zu verschiffen, sie in einer Berliner Behindertenwerkstatt verpacken zu lassen und dann an ihre Kunden zu verschicken. Krebs sagt: "In anderen Bereichen würde es für uns natürlich leichter gehen, selbständig zu sein. Aber so macht es mehr Spaß."

Fair Trade ist Entwicklungshilfe in Form von Einzelhandel: Jeder Beteiligte in der Wertschöpfungskette soll einen gerechten Anteil am Verkaufspreis erhalten. Was theoretisch gut klingt, ist praktisch ein Nischengeschäft. Nach Schätzungen gaben die Deutschen 2016 rund 1,2 Milliarden Euro für fair gehandelte Produkte aus - das wären durchschnittlich etwa 13 Euro pro Kopf. Doch die Nische wächst. Immer mehr kleine Firmen entstehen, die Gutes tun und zugleich Geld verdienen wollen. Zum Beispiel "Nuss und Frucht" in Füssen.

Ende 2015 kommen Nico Krebs und Laura Dröser von einem Auslandssemester in Südamerika zurück. Das Ende des Studiums naht, sie wollen sich selbständig machen und ein gutes Gefühl dabei haben. "Wenn man gesehen hat, was es für Missstände auf der Welt gibt, ist es schwer, weiter wegzuschauen", sagt Krebs heute. Auf der Suche nach einer natürlichen Alternative zu Süßigkeiten stoßen die beiden auf getrocknete Mangostreifen - und auf ein Kinderhilfswerk in Burkina Faso, einem der ärmsten Länder der Welt. Kurzerhand ordern sie dort die ersten drei Tonnen Mangostreifen. Kleinbauern ernten die Früchte, ihre Frauen schneiden sie in Streifen und trocknen sie. "Wir wollen den Menschen das Geld bar auf die Hand geben", sagt Krebs, das stärke die dortige Wirtschaft. Neben dem Lohn fließt ein Teil des Gewinns direkt ans Kinderhilfswerk für dessen Bildungsarbeit.

Das Problem: Gutes tun und dabei verdienen erfordert einen ordentlichen Spagat. Fair-Trade-Produkte sind in der Regel teurer, der Kundenstamm ist klein. Zudem müssen die Waren oft vorfinanziert werden. Große Firmen können sich das leisten - Start-ups meist nicht, weil sie über wenig Kapital verfügen. Wie Dröser und Krebs: Für die ersten drei Tonnen nahmen sie einen Kredit bei ihren Eltern auf. Um das Projekt mit dem Kinderhilfswerk fortsetzen zu können, muss eine Finanzierung her. Eine Bank kam nicht in Frage, "wir hatten ja schon einen Kredit aufgenommen", sagt Krebs. "Außerdem hatte ich die Vision einer Firma ohne Schulden." Finanzieren, wachsen, finanzieren, wachsen - aus diesem Kreislauf wollte er ausbrechen.

Dröser und Krebs versuchen jetzt, auf alternativem Weg Kapital zu sammeln: im Internet über das Crowdfunding-Portal Startnext. Ab acht Euro sind Investoren dabei, ausgezahlt wird in getrockneten Mangostreifen. Bis Ende Juni wollen die beiden Gründer so Geld für einen neuen Container mit Mangos sammeln. Bisher haben sie etwa die Hälfte des Betrags beisammen. "Es ist verdammt schwer, eine große Reichweite aufzubauen", sagt Krebs. Sogar auf dem Münchner Marienplatz ist er schon gestanden und hat Streifen an Passanten verteilt. Marketing eben. "Hat auch Spaß gemacht."

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