Fürth:Immobilie mit Gleisanschluss

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Die Bahn verkauft alte Bahnhofsgebäude. Sie sind oft spottbillig, aber renovierungsbedürftig. Und für den neuen Besitzer nicht unproblematisch

Von Claudia Henzler, Fürth

Er ist ein repräsentativer Altbau in zentraler Lage, hat Wohnräume mit mehr als drei Meter hohen Decken und gilt trotzdem als Problemimmobilie. Das liegt zum einen daran, dass der denkmalgeschützte Fürther Hauptbahnhof, ein Sandsteinbau aus dem Jahr 1863, stark sanierungsbedürftig ist. "Insgesamt besteht ein hoher Instandhaltungsrückstau für das Bahnhofsgebäude", umschreiben Verkaufsspezialisten der Bahn das Problem in einem Exposé. Doch das ist noch nicht alles: Wer das Gebäude kauft, wird es nicht nach Belieben nutzen dürfen. Im Prinzip muss der Bahnhof ein Bahnhof bleiben. "Der Mittelteil des Gebäudes (Erdgeschoss und Unterführung) muss weiterhin für Reisende der DB AG zugänglich sein", schreibt die Bahn vor. Außerdem ist der neue Eigentümer verpflichtet, einen Teil des Erdgeschosses an die Bahn zu vermieten. Bei den Wohnungen im Obergeschoss immerhin hat der Käufer freie Hand.

Bis 14. Juli können Interessenten ein Gebot abgeben. Die Stadt würde dort zwar gerne Ateliers und andere kulturelle Nutzungen unterbringen, winkt aber vorerst ab, wegen "unabwägbarer Sanierungsrisiken", wie Stadtsprecherin Susanne Kramer sagt. Man werde abwarten, wer Interesse bekundet. Sollten keine vernünftigen Angebote kommen, könnte die Stadt möglicherweise doch noch von ihrem Vorverkaufsrecht Gebrauch machen. Im Gespräch ist, dass das Rathaus beim neuen Eigentümer einige Räume anmietet - wenn die Konditionen stimmen. Bauchschmerzen hätte die Stadt wohl mit einem großen Immobilienfonds, dem es vor allem um Rendite ginge. Die Bahn soll jedoch mit einem regionalen Interessenten im Gespräch sein.

Schon seit Jahren versucht die Bahn, einen großen Teil ihrer Immobilien loszuwerden. Die meisten stammen aus den Anfangsjahren der Bahngeschichte, als es noch keine Fahrkartenautomaten und computergesteuerten Stellwerke gab, und in den Bahnhöfen und an den Strecken mehr Personal eingesetzt wurde als heute. Längst will sich die Bahn den Unterhalt nicht mehr leisten. Erst sparte sie bei der Sanierung, dann wurde der Verkauf eingeleitet. "Für die DB sind diese Gebäude nicht wirtschaftlich zu betreiben", begründet der Konzern seine Politik. Mehr als 2000 sogenannte Empfangsgebäude in Deutschland wurden bereits verkauft. Einige hatten für die Bahn keine Funktion mehr. Sie konnten von den neuen Eigentümern zu Wohnhäusern, Kulturzentren oder Vereinsheimen umfunktioniert werden. Der Bahnhof in Uffing am Staffelsee etwa gehört seit einigen Jahren der Plant-for-the-Planet Kinder- und Jugendstiftung. Oben sind nun Büroräume, unten wird Reisenden auf eigene Initiative ein Wartesaal angeboten, obwohl die Bahn ihn geschlossen hatte. Oft sind die ausrangierten Gebäude in einem beklagenswerten Zustand, aber für wenig Geld zu bekommen. Aktuell bietet die Bahn etwa einen dreigeschossigen Altbau in der Nähe von Ansbach an. 450 Quadratmeter Wohnfläche, 24 000 Euro Mindestgebot. Dafür muss man in Kauf nehmen: "Einfache Ausstattung, teilweise Isolierglasfenster, Ofenheizung, Setzrisse, Putzabplatzungen, teilweise Deckendurchbrüche, Feuchtigkeitsschäden, insgesamt sanierungs- und renovierungsbedürftiger Zustand."

Schwierig wird die Käufersuche, wenn die neuen Eigentümer die Bahnhöfe im Sinne der Bahn weiterbetreiben sollen. Abseits der großen Städte lassen sich oft nur schwer zahlungswillige Mieter für Läden, Reisebüros und Restaurants finden. Viele Kommunen wollen nicht für die Bahn einspringen. Oft bröckeln die Empfangsgebäude dann jahrelang vor sich hin, bis sich doch noch ein Käufer findet. Manchmal erbarmen sich Bürgerstiftungen oder private Investoren, die sich mit einem kleinen Ertrag zufrieden geben.

Der Fürther Bahnhof zählt wegen seiner Größe und Lage wohl zu den attraktiveren Immobilien im Bahn-Portfolio, gerade im Vergleich zu diesem Angebot: Bahnhof in Saal an der Donau (5400 Einwohner), Baujahr 1875. Die Ausstattung mit Einzelöfen verrät einigen Sanierungsbedarf, vor allem aber schließt die Bahn alternative Nutzungen weitgehend aus. Im Erdgeschoss ist ein Stellwerk untergebracht, mehrere Räume müssen an die Bahn vermietet werden, unter anderem ein Wartesaal. Fahrkartenautomat und Informationstafeln müssen geduldet werden, lautet eine Kaufbedingung. Und: "Das Bahnsteigvordach wird mitverkauft und muss vom Käufer zukünftig er- und unterhalten werden." Noch nicht einmal die Wohnungen stehen leer: "Der Käufer tritt in die bestehenden Mietverträge ein." Wer dennoch interessiert ist: Wie in Fürth nimmt die Bahn bis zum 14. Juli Gebote entgegen.

© SZ vom 28.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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