Flugplatz Bayreuth:"Wir haben alles rausgezuzelt"

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Die Geschäftsreisenden bleiben aus. Das kommt die Stadt als Betreiberin ganz schön teuer. (Foto: oh)

Als einzige Kommune in Bayern betreibt die Stadt Bayreuth ihren Flugplatz selber - und zahlt ordentlich drauf. 400 000 Euro waren es im vergangenen Jahr. Jetzt muss der Stadtrat entscheiden, wie es weitergehen soll.

Von Katja Auer, Bayreuth

Dieter Gerlach ist sogar schon mal nach Amerika geflogen von Bayreuth aus, aber das ist lange her. Per Linienflug nach Frankfurt, damals ging das noch, dann weiter in die Vereinigten Staaten. "Das war schon toll", sagt er. Gerlach ist Motorflieger bei der Luftsportgemeinschaft Bayreuth und er ist oft oben am Verkehrslandeplatz am Bindlacher Berg, den der aufmerksame Verkehrsfunkhörer aus dem Radio kennt, weil gerne mal Stau ist auf der Autobahn A 9 am Bindlacher Berg.

Gerlach schiebt regelmäßig Dienst im Tower, wie andere Vereinsmitglieder hat er sich zum Flugleiter ausbilden lassen. "Ich hab schon mitten in der Nacht Jets rausgelassen zur Festspielzeit", erzählt er, und manchmal fliegt frühmorgens einer los mit einem Herz oder einer Lunge für einen Transplantationspatienten. An Tagen wie diesen, wenn es grau ist und die Wolken tief hängen, kann es aber auch sein, dass nicht viel mehr passiert als ein kleiner Funkkontakt zum Rettungshubschrauber. Und genau das ist das Problem.

Denn seit 2001 gibt es keinen Linienverkehr mehr, seit damals fliegt Augsburg Airways den Bayreuther Flugplatz nicht mehr an. Weil die Passagiere ausbleiben und das Defizit enorm ist, hat sich am Montag der Bayreuther Stadtrat - wieder einmal - mit der Zukunft des Airports beschäftigt. Als einzige Kommune in Bayern betreibt Bayreuth seinen Flugplatz selbst und zahlt dabei ordentlich drauf. Fast 400 000 Euro betrug das Defizit im vergangenen Jahr und in den kommenden Jahren wird es ähnlich ausfallen. Einsparen lässt sich nichts mehr, sagt Stadtbaureferent Hans-Dieter Striedl, "wir haben alles rausgezuzelt."

Der Grünen-Stadtrat Helmut Brückner hat nun den Antrag gestellt, den Verkehrslandeplatz zum Sonderlandeplatz zurückzustufen. Das könnte der Stadt eine Menge Geld sparen, denn dann gäbe es keine festen Betriebszeiten mehr und es müsste nicht von morgens bis abends jemand am Flugplatz sein. Stattdessen meldet sich vorher an, wer starten und landen will, und dann wird das Personal angefordert. Der Geschäftsverkehr könne somit erhalten bleiben. Es seien aber halt nicht mehr als ein bis zwei Flieger pro Tag, sagt Brückner, und dafür sei das Defizit zu hoch. "Das ist ärgerlich und bedenklich, weil es nicht zur allgemeinen Daseinsvorsorge gehört." Geht es nach ihm, sollte die Stadt den Flugplatz als Betreiberin aufgeben.

Das fordert Brückner nun nicht zum ersten Mal, acht Anträge werden es in den vergangenen zwölf Jahren gewesen sein, sagt er, dazu noch ein paar Anfragen. Aber erst jetzt, kurz bevor er aus dem Stadtrat ausscheidet, könnte sein Ansinnen eine Mehrheit finden. "Ich habe überzeugende bis vernichtende Argumente", sagt er.

"Es muss alles rigoros auf den Prüfstand"

Auch CSU-Mann Stefan Specht, der Vorsitzende der größten Fraktion im Stadtrat, die bislang als Flugplatz-Befürworterin galt, fordert: "Es muss alles rigoros auf den Prüfstand." Er kann sich andere Strukturen oder Betriebsformen für den Airport vorstellen, wenngleich er betont, dass die CSU am Flugverkehr festhalten wolle. "Das ist ein wichtiges Infrastrukturmerkmal", sagt er, schon deswegen, weil die Bahnverbindung - mit viel Wohlwollen - als dürftig zu bezeichnen ist. Für die Geschäftsleute sei das wichtig, und es soll prominenten Wagnerianer geben, die zu den Festspielen mit dem Flugzeug anreisen.

Tatsächlich wird es wohl auch an der Luftsportgemeinschaft liegen, wie es mit dem Flugplatz weitergeht. Mit den Hobby-Fliegern müsse zuerst verhandelt werden, sagt Stadtbaureferent Striedl. Denn erst wenn klar sei, wie viel die Vereinsmitglieder am Flugplatz übernehmen könnten und wollten, werde klar, wie es weitergehen kann. Für den Verein spielt der Status des Flugplatzes keine Rolle, aber die Stadt braucht seine Unterstützung. Einen privaten Betreiber schließt Striedl aus. Mehrere Versuche, einen Investor zu finden, seien gescheitert. Immer daran, dass die Stadt das Defizit hätte übernehmen sollen.

Wenn Bayreuth nun aussteigt, muss die Kommune eine sechsstelligen Anteil an der Fördersumme an den Freistaat zurückzahlen, die an den Betrieb als Verkehrslandeplatz geknüpft waren. Das wäre allerdings immer noch weniger als die Stadt momentan jährlich zuschießt. Ob der Stadtrat dem Antrag von Helmut Brückner zustimmte, stand beim Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht fest.

In Coburg wird unterdessen noch diskutiert, ob ein neuer Verkehrslandeplatz gebaut werden soll. Wirtschaftsvertreter sind dafür, Naturschützer und eine Bürgerinitiative wehren sich dagegen. Und in Hof verziehen sie inzwischen nur noch das Gesicht, wenn das Gespräch auf den Flughafen kommt. Das Aus für den Linienbetrieb, der ohnehin nur mit bayerischen Steuermillionen aufrecht erhalten wurde, haben sie dort geradezu als Beleidigung der Stadt und ihrer Bürger betrachtet. Heute wird die Start- und Landebahn, wo an manchen Tagen gerade ein Passagier abflog, als Teststrecke für Rennautos genutzt.

Nachtrag: Ob der Bayreuther Verkehrslandeplatz zum Sonderlandeplatz zurückgestuft wird, muss der neue Stadtrat entscheiden. Das bestehende Gremium fällte am Montag noch keine Entscheidung, wie ein Stadtsprecher am Dienstag sagte. Denn zunächst wolle die Stadt mit der Luftsportgemeinschaft Gespräche führen, unter welchen Bedingungen die Hobby-Flieger einen zurückgestuften Flugplatz betreiben könnten.

© SZ vom 29.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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