Fernseh-Dokumentation:Mollath und der Rechtsstaat

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Gefährlich - aber für wen? Die ARD zeigt eine Dokumentation zum Fall Mollath - und Justizministerin Merk trägt ihr Mantra in der Sache vor: Mollaths "Gefährlichkeit ist der Grund, dass er untergebracht ist". Eines macht dieser Film aber klar: Gefährlich ist der Fall Mollath vor allem für die bayerische Justiz

Von Olaf Przybilla

Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gilt Gustl Mollath inzwischen als der "berühmteste Psychiatriepatient der Republik". Die FAZ ist der Verschwörungstheorie eher nicht verdächtig, und auch die Unabhängigkeit der Justiz wird dort bestimmt nicht angezweifelt. Aber selbst wenn sich das Landgericht Regensburg bisher noch nicht einmal dazu durchringen konnte, den beiden Anträgen auf Wiederaufnahme stattzugeben, eines steht für die Zeitung nach Sichtung der bekannten Fakten inzwischen fest: "Gustl Mollath ist Unrecht widerfahren."

An diesem Montag zeigt die ARD eine 45-minütige Dokumentation zum Fall Mollath, gleich nach den "Tagesthemen". Vor dem Beitrag muss gewarnt werden, denn wer ihn anschaut, der wird mutmaßlich keine ruhige Nacht verbringen können. Was Monika Anthes und Eric Beres, die beiden SWR-Journalisten, da zusammengetragen haben, raubt einem den Schlaf. Gleich am Anfang aber sieht man noch einmal, wie die bayerische Justizministerin ihr Mantra in der Sache vorträgt: Mollaths "Gefährlichkeit ist der Grund, dass er untergebracht ist". Wer die Dreiviertelstunde bis zum Ende durchhält, den drängt es unweigerlich zur Frage: Gefährlichkeit für wen?

Eines ist nach dieser Dokumentation mit Händen zu greifen: Der Fall wird zur Gefahr für die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats. Vor allem aber ist er gefährlich für die bayerische Justiz und damit für die Staatsregierung. Man muss sich nur die Regierungserklärung der zuständigen Ministerin Beate Merk von 2012 anschauen - und sie mit der Causa Mollath abgleichen. Erfolg, sagte Merk, habe Bayerns Justiz nicht nur wegen ihrer hohen Kompetenz: "Die bayerische Justiz ist auch enorm schnell." Das klingt inzwischen wie Hohn, wenn man weiß, dass die Staatsanwaltschaft ihren Antrag auf Wiederaufnahme im März eingereicht hat. In der Sache Mollath aber noch immer nichts geschehen ist.

Merk pries in ihrer Erklärung auch die bayerische Justiz, "die die Opfer im Blick hat und sich der Schwächeren annimmt". Und "die den Rückhalt in der Bevölkerung hat und das Vertrauen der Menschen genießt". Vielleicht sollte der Ministerpräsident heute nach den Tagesthemen noch nicht gleich zu Bett gehen.

© SZ vom 03.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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