Erlebnisbad bei Augsburg:Pärchen wehrt sich gegen Urteil zu Unterwasser-Sex

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  • Mit dem Urteil überbot der Richter sogar den Strafantrag der Staatsanwaltschaft:
  • Ein 18-Jähriger wurde zu zwei Wochen Jugendarrest verurteilt, weil er Sex in einem Erlebnisbad bei Augsburg hatte. Seine Freundin erhielt eine mildere Strafe.
  • Nun legt das Paar Berufung gegen das Urteil ein.

Warum der Fall neu aufgerollt wird

Ein verbotener Geschlechtsakt in einem Erlebnisbad in Neusäß bei Augsburg hat ein weiteres Nachspiel vor dem Landgericht. Der 18-jährige Mann und seine 19-jährige Freundin, die vergangene Woche zu zwei Wochen respektive einem Wochenende Jugendarrest verurteilt wurden, legten nun Berufung ein.

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Das Paar hatte sich am zweiten Weihnachtstag 2014 ausgerechnet in der "Erlebnisgrotte" der Therme miteinander vergnügt. Doch Bademeister erwischten die beiden Gäste in flagranti. Es folgte eine Anklage wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses.

Wie Rechtsexperten über die Strafe denken

Der Mann behauptete nach Angaben eines Gerichtssprechers in dem Prozess, ihm sei lediglich die Badehose heruntergerutscht. Der Richter glaubte ihm nicht, verurteilte den 19-Jährigen zu zwei Wochen Dauerarrest und überbot damit sogar den Strafantrag der Staatsanwaltschaft.

Rechtsexperten halten die Strafe für überzogen: In den meisten Fällen werde eine solche Tat gar nicht erst angeklagt, sagt Henning Müller, Professor für Jugendstrafrecht an der Universität Regensburg. Einen Dauerarrest dürfe man nicht unterschätzen, dieser sei vergleichbar mit einem Gefängnisaufenthalt.

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Auch Bernd Maelicke, Jurist, Sozialwissenschaftler und Resozialisierungsexperte, hält das Urteil für verfehlt. "Man kann sich schon fragen, wie zeitgemäß der Jugendarrest als Zuchtmittel noch ist", sagt er. Der Dauerarrest als isolierte Maßnahme bleibe weitgehend wirkungslos und produziere vor allem hohe Rückfallquoten.

Was der Richter zum Urteil sagte

Bei einem Geständnis hätte der Richter nach eigenen Angaben das Verfahren eingestellt. Weil die Angeklagten aber provokativ auftraten, kam es zu der drastischen Strafe. In dem Fall sei trotz Volljährigkeit das Jugendstrafrecht angewendet worden, weil eine Reifeverzögerung vorlag, heißt es beim Amtsgericht Augsburg. Demnach war der junge Mann im Schwimmbad stark alkoholisiert und soll den Bademeister beleidigt haben.

In erster Instanz war das junge Pärchen vor dem Amtsgericht Augsburg ohne Rechtsbeistand erschienen. Nun lässt sich das Duo von Anwälten vertreten. Wann die Neuauflage des Prozesses steigt, ist noch offen.

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