Debatte um ausgeglichenen Haushalt:CSU erwägt neue Schulden

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Fraktionschef Schmid spricht über das Unaussprechliche - eine mögliche Neuverschuldung. Damit verärgert er nicht nur Horst Seehofer.

K. Auer

CSU-Fraktionschef Georg Schmid hat am Dienstag das Unaussprechliche ausgesprochen: Man werde überlegen müssen, ob man "befristet in eine Neuverschuldung hineingehen" müsse, sagte Schmid. Er ist damit der erste führende Mann in der CSU, der angesichts der schlechten Haushaltslage laut über neue Schulden nachdenkt.

CSU-Fraktionschef Georg Schmid - spricht das Unaussprechliche aus. (Foto: Foto: ddp)

"Es ist noch nichts entschieden", sagte Schmid gleichzeitig, führte aber schon mal ein paar mögliche Sparmaßnahmen auf. Zum Beispiel, den Haushalt zu deckeln, also die Ausgaben auf dem jetzigen Niveau einzufrieren. 42,3 Milliarden Euro umfasst der Staatsetat für 2010, soviel wie nie zuvor.

Ausnehmen von allen Sparzwängen will Schmid die Bereiche Familie, Bildung und Innovation - jenes FBI-Programm, das sich Ministerpräsident Horst Seehofer auf die Fahnen geschrieben hat. Wiederbesetzungssperren im öffentlichen Dienst sind für Schmid als Sparmaßnahmen denkbar, er schließt auch pauschale Kürzungen nicht aus. Also die Rasenmäher-Methode.

Genau damit hatte es Ministerpräsident Edmund Stoiber geschafft, 2006 den ersten ausgeglichenen Haushalt vorzulegen - sich damit aber auch die Gunst der meisten Bayern verspielt. Die Kürzung des Blindengelds etwa ist für die CSU-Abgeordneten heute noch ein Schreckgespenst. "Damit das nicht wieder passiert, müssen wir über die Philosophie reden", sagte Schmid.

Bis zur Sommerpause Mitte Juli sollen die Eckpunkte des Haushalts feststehen. Erste Beratungen der CSU-Fraktionsspitze mit Seehofer und Finanzminister Georg Fahrenschon habe es bereits gegeben.

Seehofer wiederum zeigte sich am Dienstag wenig erfreut über Schmids Vorstoß. Wenn gespart werden müsse, dann werde er das rechtzeitig mitteilen, sagte er - dann nämlich, wenn der neue Doppelhaushalt aufgestellt werde. Bis dahin gelte es, die wirtschaftlichen Entwicklungen abzuwarten.

Eine Finanzpolitik, die im Mai verkündet und im November wieder revidiert werden müsse, sei "ein Schleuderkurs", sagte Seehofer. Er wolle nicht in der einen Woche über die Bildung diskutieren und die nächste Woche über neue Straßen. Und wenn schon gespart werden müsse, werde das "vernünftig" passieren.

Die Diskussion um den ausgeglichenen Haushalt gärt längst in der CSU. Finanzminister Fahrenschon erwartet für 2011 und 2012 eine Differenz von sechs Milliarden Euro zwischen Einnahmen und Ausgaben - und die Rücklagen sind nahezu aufgebraucht. Die musste er hernehmen, um den aktuellen Doppelhaushalt ohne Neuverschuldung hinzubekommen.

Wenngleich auch das nur gelang, weil er die zehn Milliarden Euro, die Bayern zur Rettung der angeschlagenen Landesbank ausgeben musste, in einen Sonderhaushalt auslagerte. Darin plant der Minister für 2011 bereits 800 Millionen Euro neue Schulden ein. Auf die Bürger könnten zudem weitere Belastungen zukommen. An die Ministerien schrieb Fahrenschon kürzlich: "Alle Möglichkeiten, Einnahmeansätze zu erhöhen, sind strikt auszuschöpfen. Hierzu bitte ich zu überprüfen, wann die Entgelte und Gebühren letztmalig angepasst wurden."

FDP warnt vor zu viel Sparen

Die FDP warnte bereits davor, sich kaputt zu sparen. Bei den Liberalen herrscht die Meinung vor, lieber Schulden zu machen, als etwa bei der Bildung zu streichen. Das hatte in der vergangenen Woche Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) ins Gespräch gebracht, als er sagte, die 1000 zusätzlichen Lehrer, die die Staatsregierung jedes Jahr einstellen will, seien "derzeit nicht avisiert".

Es hagelte Kritik von allen Seiten und auf Geheiß Seehofers musste Spaenle seine Bemerkung geraderücken. Er betonte nun, dass das Ziel freilich erhalten bleibe. Er habe lediglich auf die schwierige Haushaltslage hingewiesen.

"Hohe Investitionen bei klarer Stabilität der sozialen Netzwerke" - das gab am Dienstag auch Fahrenschon als Kurs aus. Er räumte ein, dass es diesmal erheblich schwerer sein werde, den Doppelhaushalt aufzustellen als vor zwei Jahren, ob und wie gespart werden soll, dazu wollte er aber nichts sagen. Freilich mache er sich seine Gedanken - "aber das heißt noch lange nicht, dass ich meine Gedanken auf den offenen Markt trage".

Eines allerdings steht sowohl für Fahrenschon wie für Seehofer weiter fest: Steuererhöhungen soll es auf keinen Fall geben. Den Haushalt zu sanieren, indem man so die Einnahmen steigere, komme nicht in Frage. "Dann würde aber die Hütte brennen", sagte Seehofer. "Das würde genau das Gegenteil von dem bedeuten, mit dem wir vor sieben Monaten angetreten sind." Damit widersprach er den Forderungen von Hessens Regierungschef Roland Koch (CDU). Zuverlässigkeit und Stabilität seien derzeit geboten. Damit meinte der CSU-Chef allerdings nicht in erster Linie den bayerischen Haushalt, sondern die Situation auf dem europäischen Finanzmarkt.

Das Kabinett hatte am Dienstag über das Euro-Stabilitäts-Paket beraten und dabei Forderungen nach mehr Kontrolle und einer Beteiligung der Finanzbranche an den Kosten gestellt. Der Ministerrat ließ zunächst offen, ob Bayern dem Rettungspaket am Freitag im Bundesrat zustimmen werde. Einen "Blankoscheck" werde es nicht geben. Er blieb zudem bei seiner Forderung nach einer Transaktionssteuer und setzte sich damit gegen die FDP durch und auch gegen Kanzlerin Angela Merkel. Für diesen Mittwoch kündigte Minister Fahrenschon eine Regierungserklärung an.

© SZ vom 19.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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