CSU-Parteizentrale im Münchner Norden:Raus aus dem Muff

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Der Natursteinbunker: Die alte Parteizentrale an der Nymphenburger Straße besticht durch ihre Hässlichkeit. (Foto: Robert Haas)
  • Zum Jahresende will die CSU von der Nymphenburger Straße in einen modernen Bürokomplex in die Parkstadt Schwabing ziehen.
  • Das Areal, auf dem die jetzige Parteizentrale steht und das der CSU gehört, soll verkauft und abgerissen werden.

Von Frank Müller, München

Seit Horst Seehofer CSU-Chef ist, sieht er seine Partei als dialektisches Wesen: Er unterscheidet zwischen "alter CSU" und "neuer CSU". Er pflegt damit, antiquierte politische Inhalte und manchen Funktionsträger abzuqualifizieren, der den Sprung in die Seehofersche Moderne nicht schnell genug nachvollzog. Von daher ist es nur logisch, dass Seehofers immerwährender Häutungsprozess jetzt auch ein architektonisches Pendant findet: Nach gefühlter ewiger Anwesenheit in der Nymphenburger Straße in der Münchner Innenstadt zieht die Partei an den boomenden Stadtrand in Münchner Norden. Abschied vom viel geschmähten Zweckbau, rein in einen modernen Bürokomplex. Wird dort noch - alte CSU hin, neue CSU her - die Partei zu Hause sein, die man kannte?

Der Kontrast zwischen beiden Domizilen sticht jedenfalls sofort ins Auge. Die legendäre Nymphenburger Straße 64 ist ein unfreundlicher Bau, zurückgesetzt am Ende einer Einfahrt: ein Komplex, der oft für passende Bilder sorgt, wenn die Medien der CSU Bunkermentalität bescheinigen. "Stil der Siebzigerjahre", resümiert Ex-Parteichef Erwin Huber. "Das Haus hat schon bei der Eröffnung durch die Hinterhoflage und die schlimme Natursteinfassade mehr Schrecken als Freude ausgelöst."

Viel Glas und Stahl

Mit dem neuen Bau an der Mies-van-der-Rohe Straße 1 in der Parkstadt Schwabing wird Seehofer es in jedem Fall leichter haben, seine Partei als transparente und weltoffene Organisation darzustellen. Bilder von beauftragten Immobilienfirmen zeigen viel Glas und Stahl, offene Grundrisse, verglaste Sitzungssäle und freischwebende Treppen. Man könnte sagen: Die CSU verlässt ihr kauziges Ambiente und wechselt ins Businessfach.

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Die CSU hat offenbar eine neue Parteizentrale: Sie will von der Nymphenburger Straße in die Parkstadt Schwabing im Münchner Norden ziehen. Das neue Haus soll die Partei moderner erscheinen lassen - aber einige Mitglieder wehren sich gegen den Umzug.

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Wenn sie das tut, wird es nicht nur ums Repräsentative gehen, sondern auch um das Wohl der Mitarbeiter. Die haben viel gelitten in überhitzten und viel zu engen Räumen. Und auch der Parteivorstand tagte immer wieder montags in einem spröden und abgewirtschafteten Sitzungssaal, der so überhaupt nichts zu tun hatte mit den ständigen CSU-Sprüchen vom Freistaat, der an der Spitze des Fortschritts marschiert.

Schon Franz Josef Strauß soll sich über das problematische Innenleben des von seinem Generalsekretär Gerold Tandler verantworteten damaligen Neubaus lustig gemacht haben. Erwin Huber wollte als Generalsekretär und später als Parteichef einiges retten und ließ prüfen, ob wenigstens der Sitzungssaal ins Erdgeschoss kommen könne oder gleich die ganze Landesleitung ins Vordergebäude (wo bis jetzt das Parteiorgan Bayernkurier residiert und die früher unter dem Namen "Löwe und Raute" legendäre Gaststätte - sie heißt jetzt sinnigerweise "Franzjosef"). Ergebnis von Hubers Aktivitäten: gleich null. Mal stand die Statik dagegen, mal der Pachtvertrag der Wirtschaft.

Das alte Areal wird verkauft und abgerissen

Vielleicht ist es deswegen kein Wunder, dass es im Parteipräsidium offenbar überhaupt keine Gegenwehr gab, als das Gremium am Montag über den Umzug beriet. Seehofer selbst war das Projekt extrem wichtig. Nun soll das alte Areal, das der CSU gehört, komplett verkauft und abgerissen werden, vermutlich um Platz für ein neues Wohnbau-Projekt zu schaffen. Der Erlös dürfte wohl nicht ganz reichen, um die gut 8000 Quadratmeter im Münchner Norden zu kaufen. Von dieser Fläche will die CSU mehr als die Hälfte für sich selbst nutzen und den Rest vermieten. In der Partei wird Wert darauf gelegt, dass das Geschäft in jedem Fall solide finanziert sei - "eine gute Investition", sagte Seehofer am Montag. Und auch ein anderer Punkt war bei der Immobiliensuche wichtig: Nicht zu protzig und zu luxuriös sollte das neue Domizil wirken. Seehofer will zwar eine neue CSU, aber auch eine, die zumindest gelegentlich nach Demut aussieht.

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Horst Seehofers Ankündigung hört sich klar an: Er will 2018 als CSU-Chef und Ministerpräsident aufhören. Dasselbe sagte er schon vor einem Jahr, dazwischen klang er aber auch schon anders. Ob sein Mix aus klarer Ansage und Verwirrung ans Ziel führt? Sicher ist da nur eines.

Kommentar von Frank Müller

Große Anfahrtszone und ein direkter Autobahnanschluss

Schon am Jahresende will die Partei umziehen. Dann wird es nicht nur mit den bunkerhaften Szenen vorbei sein, sondern auch mit manch anderem vertrauten Ritual an der Nymphenburger Straße: Journalisten, die in der Kälte vor den Türen herumlungern und von gnädigen Parteikräften mit Kaffee in Pappbechern versorgt werden. Parteigrößen, die in ihren Dienstlimousinen in die viel zu enge Einfahrt gefahren werden, dann aussteigen und die Chauffeure einem oft wirren Rangierchaos überlassen. Im Münchner Norden gibt es dagegen eine große Anfahrtszone, viel Platz und praktisch direkten Autobahnanschluss an die A 9. Seehofer spart also Fahrtzeit, wenn er von seiner Heimatstadt Ingolstadt kommt.

Wehmut kam am Montag ob des Kulturwechsels offenbar noch nicht einmal bei den altgedienten Kräften auf. In der dürren Mitteilung, mit der die CSU den Kauf bestätigte, wurde eigens darauf hingewiesen, er sei "mit Zustimmung der beiden Ehrenvorsitzenden" beschlossen. Ex-Parteichef Theo Waigel habe in der Sitzung gesagt, die Nymphenburger Straße sei "eigentlich von Anfang an ungeeignet" gewesen, hieß es. Und selbst der Chefnostalgiker der CSU, der frühere Bayernkurier-Chef Wilfried Scharnagl, blickte nach vorn: "Wie der Psalmist sagt, hat alles seine Zeit. Es tut nichts weh."

© SZ vom 13.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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