CSU nach der Kommunalwahl:Höhenflug mit Unterbrechung

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CSU-Chef Seehofer über Ulrich Maly (SPD): "Wenn der bei der Landtagswahl kandidiert hätte, hätte ich heute nicht die absolute Mehrheit." (Foto: dpa)

Eines ist klar geworden an dem Wahlsonntag: Auf kommunaler Ebene ist die CSU nicht die unangefochtene Macht wie auf Landesebene. Parteichef Seehofer macht indes einen neuen Herausforderer aus.

Von Birgit Kruse

Mit den Höhenflügen ist es so eine Sache. Sie sind berauschend - und irgendwann gehen sie doch einmal zu Ende. Manchmal schlagartig, manchmal schrittweise. Die CSU und ihr Chef Horst Seehofer erleben gerade eine herbe Unterbrechung vom Rausch. Noch vor wenigen Wochen stand der Ministerpräsident in Passau beim politischen Aschermittwoch auf der Bühne und ließ sich für Zustimmungswerte von 76 Prozent feiern. Wie schön passte diese Zahl doch in den Erfolgskurs der Partei bei der Landtags- und Bundestagswahl.

Doch nun ist Schluss mit dem Durchmarschieren. Bei der Kommunalwahl geht die CSU nicht als eindeutiger Sieger vom Feld. Auch Seehofer selbst verliert laut einer aktuellen Umfrage von Infratest Dimap an Zustimmung und kommt auf einen Wert von 61 Prozent. Kein schlechter. Aber doch deutlich weniger als 76 Prozent.

Die gute Nachricht für Seehofer: Ein Trend für die Europawahl im Mai lässt sich daraus kaum ableiten. Kommunalwahlen sind in erster Linie Persönlichkeitswahlen und folgen ihren eigenen Gesetzen. Die meisten Ergebnisse lassen sich nur aus der lokalen Situation heraus erklären.

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Ein bunter Flickenteppich, schwarze und rote Kleckse und eine dunkle Fläche: Die interaktive Grafik der SZ zeigt, wer wo gewählt wurde und in welchen Gegenden die meisten Menschen zur Wahl gegangen sind.

Ein gutes Beispiel dafür, wie sich ein Landestrend auf kommunaler Ebene umdrehen kann, ist etwa der tiefschwarze Landkreis Dachau. Hier endete die Wahl des Landrates mit einer Sensation. Dort hatte CSU-Landrat Hansjörg Christmann 37 lang unangefochten regiert. Stichwahlen gab es keine. Bis 2014. Nun hat SPD-Herausforderer Martin Güll Stefan Löwl (CSU) in die Stichwahl gezwungen. Der Grund: ein glaubwürdiger und populärer SPD-Kandidat, dessen Politik von den Wählern geschätzt wird.

Oder Erlangen. Seit 1996 regiert Siegfried Balleis die Stadt. 2002 ist der CSU-Politiker mit 58 Prozentpunkten im Amt bestätigt worden, vor sechs Jahren waren es 55. Doch dieses Mal haben ihn die Wähler abgestraft. Mit nur 39,2 Prozent muss der 60-Jährige in die Stichwahl. Und auch hier sind die Gründe für den Popularitätsverlust in der Stadtpolitik zu finden.

Besonders bitter ist das Wahlergebnis für die CSU in Nürnberg. Markus Söder, Bezirkschef und Finanzminister, war geschockt, als er das Ergebnis sah. Und nicht einmal Ulrich Maly selbst hatte mit einem solchen Ergebnis gerechnet. 67,1 Prozent der Stimmen gingen an den SPD-Mann.

Und Horst Seehofer? Der erkennt, dass Maly die neue Nummer eins der SPD und damit sein politischer Hauptgegner auf Landesebene werden könnte. Er werde in den kommenden Jahren die dominante politische Kraft der SPD werden, sagte Seehofer und fügte hinzu: "Wenn der bei der Landtagswahl kandidiert hätte, hätte ich heute nicht die absolute Mehrheit." Ein Versuch, Maly auf die landespolitische Bühne zu zwingen, auf die er gar nicht will.

Gerade Malys Erfolg sollte für die SPD Grund zum Nachdenken sein. Sie muss sich fragen, welche Lehren sie aus den zum Teil sensationellen Ergebnissen der Kommunalwahl ziehen kann, um auch auf Landesebene aus ihrem 18-Prozent-Loch zu kommen. Dass es die Politiker gibt, die für die SPD begeistern können, das hat die Wahl gezeigt. Doch in der SPD-Gremienwelt bleiben die kommunalen Pragmatiker zu oft auf der Strecke.

Horst Seehofer will sich in den kommenden zwei Wochen auf die Stichwahl in der Landeshauptstadt konzentrieren. "Der Schwerpunkt liegt natürlich in München", sagt er vor der Sitzung des Parteivorstandes. Aus gutem Grund: CSU-Kandidat Josef Schmid nach dem ersten Wahlgang knapp vier Prozentpunkte hinter dem SPD-Kandidaten Dieter Reiter. Und im Stadtrat wird die CSU aller Voraussicht nach erstmals seit 30 Jahren stärkste Fraktion. Die Mehrheit der bisherigen rot-grünen Koalition hängt am seidenen Faden. Wenn es die CSU also schaffen würde, das Rathaus nach 30 Jahren ein zweites Mal nach 1978 zu erobern, würde das für Seehofer die Niederlagen in anderen Städten mehr als nur kompensieren. Dann wäre er weiter oben auf.

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