Christsoziale:Die CSU hat ein Frauenproblem

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Sie hat die Frauenquote eingeführt und das "Jahr der Frau" ausgerufen. Geholfen hat es bislang nicht viel. Bei der Landtagswahl könnte die CSU wieder als Männerpartei dazstehen. Die Sorge wächst.

Mike Szymanski

In der CSU wächst die Sorge, nach dem selbst ausgerufenen "Jahr der Frau 2011", der unlängst eingeführten Frauenquote und den launigen Abendplausch-Terminen mit Generalsekretär Alexander Dobrindt schon bald wieder als reine Männerpartei dazustehen. Vergangene Woche hatte Oberbayerns Bezirkschefin, Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner, Alarm geschlagen: Nach der Landtagswahl im kommenden Jahr könnten weniger Frauen der CSU-Fraktion angehören als heute. Einige Zeit zuvor hatte bereits Schwabens CSU-Chef Markus Ferber geklagt, bei ihm kämen Frauen bei der Kandidatenaufstellung ebenfalls nur schwer zum Zuge.

Die CSU, eine Männerpartei: Derzeit sindn ur 19 der 92 Abgeordneten Frauen. (Foto: SEYBOLDT4MEDIA)

Derzeit sind nur 19 der 92 CSU-Abgeordneten Frauen - ein weiterer Rückgang wäre eine herbe Blamage, nachdem die Partei so viel von Frauenförderung gesprochen hatte. Am Montag nun, bei der Sitzung des Parteivorstandes, war genau dies ein Thema - und Seehofer reagierte Teilnehmern zufolge ziemlich genervt auf die Kapitulationserklärungen seiner Bezirksfürsten. Um mit Seehofers Worten zu sprechen: Er hat die beiden offenbar regelrecht "abtropfen" lassen.

Seehofer denkt im Moment gar nicht daran, als Parteichef ein Machtwort zu sprechen. Bezirkschefs der CSU sind eigentlich mächtige Leute im Gefüge dieser Partei. Seehofer bedeutete ihnen offenbar in der Sitzung am Montag, dass er von seinem Spitzenpersonal eher Lösungen erwartet als öffentliche Problem-Bekundungen. Vor allem Ilse Aigner stünde beschädigt da, wenn ausgerechnet sie als Frau an der Spitze des mächtigsten Bezirksverbandes verantworten müsste, dass ihre Mannschaft möglicherweise noch männlicher wird.

Bei der Vorstandssitzung meldete sich mehreren Teilnehmern zufolge noch eine andere Frau zu Wort, auf der große Hoffnungen ruhen: Katrin Albsteiger, 28 Jahre und seit 2011 Chefin der Jungen Union. Albsteiger wurde in der CSU dadurch bekannt, dass sie auf dem Parteitag 2010 eine leidenschaftliche Rede gegen die Einführung einer Frauenquote hielt und stattdessen auf Freiwilligkeit setzte. Im Vorstand soll die Frau aus Schwaben geäußert haben, in ihrer Heimat könne die CSU bei der Kandidatenaufstellung ja nun zeigen, wie viel sie tatsächlich für Frauen in der Politik übrig habe. Spitz bemerkte Seehofer hierzu, er könne ja bei nächster Gelegenheit ihren Redebeitrag gegen die Quote vom Parteitag 2010 noch einmal vorspielen lassen.

Tatsächlich hat in der CSU bislang nur Zwang geholfen. Die neue Frauenquote von 40 Prozent für Vorstandsposten auf Landes- und Bezirksebene hat die obersten Führungsgremien weiblicher gemacht. Wo sie jedoch nicht gilt, schieben sich weiterhin die Männer die Posten zu. Auf Orts- und Kreisverbandsebene kamen Frauen kaum häufiger in die Vorstände. Und wenn es jetzt um die Kandidatenaufstellungen geht, haben auch wieder weitgehend die Männer das Sagen und schlagen Männer vor. Noch vor der Sommerpause will Seehofer sich mit den Kreischefs treffen - vielleicht für einen letzten Appell.

© SZ vom 12.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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