Bilanz:"Ritter, Bauern, Lutheraner" lockt 220 000 Besucher

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Porträt des Ritters Götz von Berlichingen, Freiherrlich von Berliching'sches Archiv, Jagsthausen. (Foto: Hdbg/Willi Pfitzinger)

Am Sonntag schließt die Landesausstellung in Coburg, die Organisatoren sind mit dem Erfolg mehr als zufrieden

Von Hans Kratzer, Coburg

"Am Reformationstag und an Allerheiligen, da war's hier schon richtig knackig", sagt Peter Wolf, der Ausstellungsleiter des Hauses der Bayerischen Geschichte, noch ganz beeindruckt vom Besucherandrang bei der Landesausstellung in Coburg. Kurz vor ihrem Ende lockt die Schau das Publikum in großen Scharen an. Allein am Reformationstag drängten sich mehr als 2000 Besucher in der Veste, in der der Hauptteil der Ausstellung "Ritter, Bauern, Lutheraner" präsentiert wird. Bis Sonntag ist sie noch täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet, dann werden nach fünf Monaten die Tore geschlossen. Schon jetzt steht fest: Das Spektakel wird als ein Erfolg in die Annalen eingehen. Das Haus der Bayerischen Geschichte hat bis jetzt 220 000 Besucher gezählt, davon entfallen 130 000 auf die Veste. 90 000 Gäste wurden in der Begleitausstellung (Morizkirche) registriert.

Mehr als 230 000 Besucher hatte im Vorjahr die Ausstellung "Bier in Bayern" im niederbayerischen Aldersbach angelockt. Ein Vergleich ist jedoch schwierig, weil nicht bekannt ist, wie viele Besucher in Coburg beide Ausstellungsorte besucht haben. Bei der Napoleon-Ausstellung in Ingolstadt 2015 wurden 150 000 Gäste gezählt, bei der Ludwig-der-Bayer-Schau in Regensburg 2014 waren es 140 000 Besucher.

Angesichts dieser Zahlen resümiert Wolf frohgemut: "Wir sind total zufrieden!" Dieser Zuspruch war nicht automatisch zu erwarten. Schließlich ist die Stadt Coburg nicht ganz zentral gelegen, weshalb viele Besucher einen weiten Anfahrtsweg in Kauf nehmen mussten. Das hat sie aber nicht abgeschreckt. Beachtlich viele Gäste nutzten nach eigenem Bekunden die Gelegenheit, um erstmals nach Coburg zu reisen und die geschichtsträchtige Stadt näher kennenzulernen. Dass einst auch Martin Luther auf der Veste Coburg Zuflucht fand, passte im 500. Gedenkjahr der Reformation bestens ins Konzept. "Es ist uns gelungen, ein komplexes Thema so umzusetzen, dass es den Besuchern gefallen hat", sagt Wolf. Die Organisatoren nahmen nicht nur die Person Luther in den Fokus, sondern sie griffen viel weiter aus: "Wir haben uns bemüht, das Panorama der Zeit um 1500 als Gesamterlebnis an zwei authentischen Ausstellungsorten anzubieten." Dass es in Coburg mit der Morizkirche und der Veste authentische Orte der Reformation gibt, bot einen idealen Rahmen. Martin Luther hatte 1530 ein halbes Jahr auf der Veste Coburg gelebt und in der Morizkirche gepredigt.

Die ästhetische Gestaltung der Ausstellung in der eindrucksvollen Architektur der Veste kam beim Publikum bestens an. Zudem gelang es den Organisatoren, in der Morizkirche ein lebendiges Forum der Diskussion mitten in der Altstadt zu schaffen. Auch Richard Loibl, der Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte, äußerte sich zufrieden: "Unsere besondere Strategie, die Lebenswelt um 1500 am authentischen Ort mit dem Fokus auf Süddeutschland zu präsentieren, ist aufgegangen. Wir haben deutlich machen können, dass die Reformation ohne die Innovationsregion Bayern nicht denkbar gewesen wäre." Der Protestantismus, das bestätigte sich, gehört untrennbar zu Bayern, wie auch das Fränkische. "Schon deshalb war es gut, dieses Thema nicht nur den Ost- und Norddeutschen zu überlassen", sagt Wolf. Durch sich an Bühnenbildern orientierende Inszenierungen wurde vermittelt, dass die Welt vor 500 Jahren eine Zeit großer Veränderungen war. Dass Buchdruck, Flugschriften und Kampflieder neue Ideen unter die Leute brachten. Dass es auch für die Zeitgenossen eine spürbare Zeit des Umbruchs war. Um dies noch besser als bisher aufzuzeigen, wurde in Coburg mit der gängigen Ausstellungsästhetik gebrochen. "Bei solchen Themen läuft man sonst schnell Gefahr, die Besucher zu ermüden." In einem Ort wie der Veste sind ja jederzeit Wow-Effekte möglich. "Wir wollten das Gefühl wecken: Hier hielt sich Luther leibhaftig auf", sagt Wolf. Umso mehr staunten die Besucher in jenem Raum, in dem Luther einst geschrieben hatte. Wenn dort Texte wie von Geisterhand geschrieben an der Wand laufen und dazu Schreibgeräusche zu hören sind, dann spüren viele, wie Wolf es ausdrückt: "Menschenskinder, hier ereignete sich Weltgeschichte."

Auch der Coburger Oberbürgermeister Norbert Tessmer zeigte sich in seiner Bilanz sehr zufrieden. So konnten die Übernachtungs- und Gästezahlen in der Stadt während der Landesausstellung deutlich gesteigert werden. Letztlich belegt die gute Quote in Coburg ebenso wie vorher in Ingolstadt und Regensburg, welch ein touristisches Potenzial eine Landesausstellung eröffnet. Das kulturelle Begleitprogramm lockte Besucher aus ganz Bayern und weit darüber hinaus in die Vestestadt. Sie konnte ihr Image merklich aufbessern. Für das Haus der Bayerischen Geschichte geht es nach dem Finale sofort weiter mit den Vorbereitungen für die nächste Landesausstellung "Mythos Bayern" in Ettal, die im Mai 2018 eröffnet wird.

© SZ vom 03.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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