Bayerischer Städtetag:Der Chef wechselt, die Mission bleibt gleich

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Nürnbergs SPD-Oberbürgermeister Ulrich Maly ist zum Vorsitzenden des bayerischen Städtetags gewählt word. Es geht ihm vor allem um stabile Finanzen.

Christian Sebald

Der Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) ist neuer Vorsitzender des bayerischen Städtetags. Die 220 Delegierten wählten den 50 Jahre alten Volkswirt am Donnerstag auf ihrer Verbandsversammlung in Bad Reichenhall mit nur zwei Gegenstimmen in das Führungsamt. Mit Maly steht nach 36 Jahren erstmals wieder ein SPD-Mann an der Spitze des bayerischen Städ-tetags.

Der CSU-Mann Hans Schaidinger gratuliert seinem Nachfolger, Ulrich Maly (SPD), zu dessen Wahl zum bayerischen Städtetagspräsidenten. (Foto: dapd)

Malys Vorgänger, der Regensburger OB Hans Schaidinger (CSU), bleibt dem Städtetag als Vizechef erhalten. Weiterer Vize ist der Bürgermeister von Ismaning bei München, Michael Sedlmair (Freie Wähler). Ministerpräsident Horst Seehofer bot Maly eine "vertrauensvolle Zusammenarbeit an - was nicht heißt, dass sie konfliktfrei sein wird".

In seiner Antrittsrede forderte Maly die Staatsregierung auf, für "solide und stabile Kommunalfinanzen zu sorgen". Die Städte und Gemeinden seien der Ort, an dem die Bürger Politik unmittelbar erlebten. Sie stellten Kindergärten, Schulen, Kliniken und viele andere Einrichtungen zur Verfügung und bürgten damit für die Lebensqualität der Bevölkerung.

Zugleich seien die Kommunen Motor der lokalen Wirtschaft - zwei Drittel aller öffentlichen Investitionen stammten von ihnen. "Wenn wir Städte die Bedürfnisse der Bevölkerung nicht mehr erfüllen können", so Maly, "erzeugt das Frustration, und die schlägt sich in Politikverdrossenheit nieder." Allein deshalb gehe es nicht an, dass immer mehr Kommunen von ihrer Substanz zehrten.

An seine Bürgermeister-Kollegen appellierte Maly, dafür zu sorgen, dass die Kommunalpolitik wieder mehr Widerhall in der Bevölkerung findet. "Die Städte sind die lokalen Keimzellen der Demokratie", sagte Maly, "deshalb müssen wir unbedingt unsere Kontakte zu den Bürgern stärken." Nur wenn die Kommunikation vor Ort funktioniere, werde auch die Politikverdrossenheit zurückgehen. "Wir dürfen uns nicht mit Wahlbeteiligungen von weniger als 50 Prozent abfinden", rief Maly und kündigte eine Initiative des Städtetags an.

Vor Malys Wahl hatten die Delegierten Schaidinger stehend applaudiert. In seiner Abschiedsrede

betonte der Regensburger OB, dass viele Kommunen nach wie vor mit Finanzproblemen kämpften. Grund dafür sei stets, dass ihnen Bund und Länder Aufgaben aufbürdeten, ohne Geld dafür zur Verfügung zu stellen. Aktuelles Beispiel sei die Inklusion. Bund und Länder hätten sich verpflichtet, behinderten Kindern gemäß der Forderung der Vereinten Nationen den Besuch von Regelschulen zu ermöglichen. "Nun spielen sie den Ball an uns weiter und weigern sich, den Ausbau der Schulhäuser zu bezahlen. Das nehmen wir nicht hin. Notfalls ziehen wir vor Gericht."

Schaidingers wohl größter Erfolg ist der ungeschmälerte Erhalt der Gewerbesteuer als einziger originärer Einnahmequelle der Kommunen. Im Kampf um sie hatte er die CSU - von Seehofer über Finanzminister Georg Fahrenschon bis zur Berliner Landesgruppe - stets gegen die beabsichtigte Reform eingeschworen, egal wie massiv der Druck von CDU, FDP und der Wirtschaft war. "Unser Einsatz hat sich gelohnt, die Gewerbesteuer wird nicht angetastet", rief Schaidinger. "Aber wir müssen wachsam bleiben."

Seehofer rühmte sich und die Staatsregierung als verlässliche Partner der Kommunen. "Ich habe vor einem Jahr versprochen, dass wir für die Gewerbesteuer kämpfen", rief er, "wir haben es getan, bis wir uns durchgesetzt haben." Seehofer kündigte aber an, dass er auch künftig keine Neuverschuldung des Freistaats akzeptieren werde. Deshalb warnte er die Kommunen vor allzu hohen Erwartungen. Zugleich schwor er die Versammlung auf die Energiewende ein. "Der Atomausstieg ist unumkehrbar", erklärte er. "Die Kommunen sind dabei unser wichtigster Partner." Die Energiewende sei eine gewaltige Herausforderung, aber: "Bayern ist ein Hochtechnologieland", rief Seehofer, "wer, wenn nicht Bayern, soll die Energiewende schaffen."

© SZ vom 22.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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