Augsburg:Prominenter Beistand

Lesezeit: 1 min

Verdi-Chef unterstützt Mitarbeiter von Amazon bei Arbeitskampf

Von Stefan Mayr, Augsburg

Die Beschäftigten des Amazon-Logistikzentrums in Graben bei Augsburg haben in ihrem Kampf um bessere Arbeitsbedingungen und bessere Bezahlung prominente Unterstützung erhalten. Am Mittwoch besuchte Frank Bsirske, der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, den Standort des Internetversandhändlers. Am Rande seiner Visite kritisierte er die Geschäftspolitik von Amazon scharf. Zudem kündigte er an, flankierend neben weiteren Streiks auch am grünen Tisch zu versuchen, eine tarifähnliche Bezahlung durchzusetzen.

Derzeit verhandelt die Gewerkschaften mit dem Handelsverband Deutschland (HDE) über eine neue Entgeltordnung für den Einzelhandel. "Unser Ziel ist es dabei, dass der Abschluss dann für allgemein verbindlich erklärt wird", kündigt Bsirske an. Das heißt: Obwohl Amazon einen Tarifvertrag ablehnt, will Verdi den deutschen Mitarbeitern des US-Konzerns quasi durch die Hintertür bessere Bedingungen zuschanzen. Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit geschaffen: Das Bundesarbeitsministerium kann anordnen, dass Tarifabschlüsse auch für jene Beschäftigten der betreffenden Branche gelten, deren Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist.

Diese Regelung will Bsirske nützen, allerdings räumt er auch ein: "Wir haben es hier mit einem dicken Brett zu tun." Vor allem, weil Amazon stets betont, kein Versand- oder Einzelhändler zu sein, sondern ein reines Logistikunternehmen. Bsirske widerspricht dieser Argumentation: "Zeigen Sie mir einen Logistiker, der im Internet Waren bewirbt", sagt er, "eine Spedition macht so was nicht." Amazon sei "ein klassischer Versandhändler", der so tue, "dass er mit allem etwas zu tun hat, nur nicht mit dem Versandhandel".

Zudem kündigt Bsirske weitere Streiks an, die für Amazon "überraschender und weniger planbar" sein sollen als bisher. So will er den Konzern zum Einlenken bringen. "Es gibt in Europa einige Amazon-Manager, die einen Tarifvertrag unterzeichnen würden", sagt Bsirske, "aber das wird ihnen aus der Zentrale in Seattle verboten." Amazon hat bislang Tarifverhandlungen stets abgelehnt. Seit den ersten Streiks im Jahr 2013 wurden die Gehälter allerdings immer wieder erhöht.

© SZ vom 23.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: