AfD-Erfolge in Bayern:Partei in Champagnerlaune

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Wie im Rausch: Die Freude über das Wahlergebnis war bei der AfD nicht zu übersehen. (Foto: Florian Peljak)

Sieben Prozent für die AfD bundesweit, acht Prozent in Bayern und sogar 10,4 Prozent in Augsburg: Die Partei feiert sich und betont, dass sie niemandem Stimmen weggenommen hat.

Von Stefan Mayr und Christian Sebald, Augsburg/München

Auf der Fensterbank stehen noch leere Sektflaschen von der Wahlparty am Sonntagabend. Auch am Montagmittag ist Thomas Lis bester Laune: "Was zum Trinken?", fragt er, "Wasser, Saft oder Schampus?" Thomas Lis ist nach eigenen Angaben der erste AfD-Fraktionsvorsitzende "in der gesamten Bundesrepublik".

Vier Mann haben im März den Einzug in den Augsburger Stadtrat geschafft, und bei der Europawahl am Sonntag gab es gleich drei weitere Gründe zum Feiern: Sieben Prozent für die Alternative für Deutschland bundesweit, acht Prozent in Bayern und in Augsburg sogar 10,4 Prozent. "Das hätte ich nie gedacht", sagt der 51-jährige Geschäftsmann und lehnt sich zufrieden in seinem schwarzen Polsterstuhl zurück.

Noch ist alles recht provisorisch in dem kleinen Fraktionsraum der AfD im Erdgeschoss des Augsburger Rathauses. Der Besprechungstisch steht auf dem Flur, "damit die Geschäftsführerin ungestört arbeiten kann", sagt Lis. Vor exakt einem Jahr hat der Diplom-Ökonom den Augsburger Kreisverband gegründet, danach ging alles sehr schnell. "Wenn mir damals einer gesagt hatte, dass ich heute im Rathaus sitze und ein Interview mit der SZ führe. . .", er führt den Satz nicht zu Ende, sondern schüttelt lächelnd den Kopf. Seit Sonntag darf er sich als Chef der bayerischen AfD-Hochburg fühlen.

In Augsburg werden schon Vergleiche mit den Republikanern laut, die bei den Wahlen 1989 und 1990 in der Stadt große Erfolge feierten. Lis weist das entschieden zurück: "Wir sind vernünftige Leute aus der Mitte der Gesellschaft", sagt er, "teilweise konservativ, teilweise liberal, aber Rechtsradikales werden Sie weder in unseren Leitlinien noch bei unseren Leuten finden."

Die AfD sei da in ihrer Aufbauphase durch Aussagen einzelner in eine Ecke gerückt worden, "die mit der Realität nichts zu tun hat". Ja, er sei gegen den Euro, "weil er die schwächeren Länder kaputt macht", sagt Lis. "Aber wir sind überzeugte Europäer, auch wenn wir fordern, dass die EU schlanker und demokratischer werden muss."

Natürlich sind auch AfD-Landeschef Andre Wächter und der bayerische Europa-Spitzenkandidat Dirk Driesang bester Laune. Auch wenn Driesang mit seinem Listenplatz elf den Sprung in das Straßburger Parlament verfehlt hat. Aber dafür übertraf die AfD mit ihren acht Prozent am Ende in Bayern alle Prognosen der Demoskopen - und zwar um satte zwei Prozentpunkte. "Wir sind der Landesverband mit dem stärksten Stimmenzuwachs", sagt Wächter stolz. Bei der Bundestagswahl 2013 kamen die bayerischen AfDler noch auf 4,3 Prozent. "Ein so sattes Plus von 3,7 Prozentpunkten hat kein anderer Landesverband erzielt", sagt Wächter. "Das zeigt, wie sehr sich unsere harte Aufbauarbeit gelohnt hat."

Nicht nur in Augsburg schnitt die Partei zweistellig ab, sondern auch in etlichen anderen Städten. Ihr Rekordergebnis holte sie in Memmingen: 11,1 Prozent. Aber auch in Rosenheim punktete sie mit 10,9 Prozent. In Weiden waren es 10,6 Prozent und Kempten liegt gleichauf mit Augsburg.

Die überdurchschnittlichen Ergebnisse in den Städten erklärt Landeschef Wächter damit, "dass wir dort schon viel besser organisiert sind als auf dem Land". In Niederbayern zählt die AfD derzeit nur etwa 150 Mitglieder. "Und zwar in ganz Niederbayern", sagt Wächter, "das sind so viele wie wir schon jetzt in unserem Kreisverband München-Ost haben." Aber auch in Niederbayern schlugen sich die AfDler respektabel.

Mitgliederzahl ist nicht entscheidend für den Erfolg

Für Dirk Driesang sind denn auch nicht so sehr die Mitgliederzahlen der entscheidende Grund für den Erfolg. "Sondern das Engagement unserer Leute." Und das sei gerade in den ländlichen Regionen überdurchschnittlich. "In einzelnen Regionen haben wir Kreisverbände mit höchstens 25 Mitgliedern", sagt Driesang. "Aber von denen bringt sich die Hälfte höchst aktiv in unsere Arbeit ein. Nur so konnten wir unseren Wahlkampf stemmen."

Der Augsburger Kreischef Lis nennt noch einen Grund für den unerwarteten Erfolg: das Auftreten sowohl der Kandidaten als auch der Aktiven. "Wir sind halt authentische Leute aus dem Berufsleben und keine Politiker." Lis betreibt am Augsburger Bahnhof ein Fahrrad-Parkhaus inklusive Service-Station, er trägt weder Sakko noch Krawatte, sondern Jeans, kariertes Hemd und Dreitagebart. "Übrigens haben wir niemandem Stimmen weggenommen", sagt er, "Wir haben ein Angebot gemacht. Die Leute haben es angenommen."

© SZ vom 27.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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