400-Millionen-Projekt:Weltkonzerne ohne Anschluss

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Mehrheit der Bürger im Landkreis Erlangen-Höchstadt lehnt Stadt-Umland-Bahn ab

Von K. Auer, O. Przybilla, Erlangen

Die Straßenbahn von Nürnberg über Erlangen nach Herzogenaurach gilt als das bedeutendste Infrastrukturprojekt der Metropolregion Nürnberg. Zumindest der Ast nach Herzogenaurach liegt nun aber auf Eis. Im Landkreis Erlangen-Höchstadt haben sich 57 Prozent der Bürger dagegen ausgesprochen, dem Planungszweckverband der Stadt-Umland-Bahn beizutreten. Die Städte Nürnberg und Erlangen müssen ihre Tram deshalb alleine weiterplanen. Ob Herzogenaurach, eine Stadt mit drei Weltkonzernen, in absehbarer Zeit an die geplante Achse der Metropolregion angeschlossen wird, dürfte mehr als fraglich sein. Ein harter Schlag für den Ballungsraum, so interpretieren das alle Befürworter der Bahn. Auf der anderen Seite aber nicht deren Aus.

Immerhin ist die Verbindung zwischen Erlangen und Nürnberg nicht vom Votum tangiert. Trotzdem ist die Enttäuschung groß: Schließlich haben sowohl die SPD-Oberbürgermeister von Erlangen und Nürnberg, Florian Janik und Ulrich Maly, als auch die CSU-Minister Markus Söder und Joachim Herrmann massiv für die Bahn geworben: ein Projekt, das seit mehr als 3o Jahren diskutiert wird. Und auch der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Industrie- und Handelskammer hatten sich deutlich dafür ausgesprochen, so viel Konsens war selten im fränkischen Ballungsraum. Umso kurioser mag das klare Votum der Bürger im Landkreis wirken. Allerdings nur auf den ersten Blick.

Es gibt wenige Landkreise, die so heterogen sind wie der Erlanger. Er erstreckt sich auf etwa 40 Kilometern, es gibt die industriell geprägte, prosperierende Stadt Herzogenaurach und die ländliche Region um Höchstadt. Vor 40 Jahren wurden die beiden Teile zusammengeführt, eine Zwangsehe zweier Regionen, die wenig gemeinsame Interessen haben. Die Debatte um die Metrobahn hat die Gräben noch vertieft: Die Gegner konnten mit einigem Recht darauf hinweisen, dass Herzogenaurach von der Trasse profitiert - während die ärmeren Regionen sich vor allem als Financiers eines Großprojekts sehen, dessen Kosten auf 400 Millionen Euro geschätzt werden. Die meisten der 25 Kreiskommunen hätten für die Trasse gezahlt, aber keine Haltestelle dafür bekommen. Was schwer zu vermitteln war. Es gab Orte im ländlichen Teil, da stimmte nur jeder fünfte Wahlberechtigte dafür. Begeisterung löst die Bahn exakt in einem Ort aus: Herzogenaurach. Fast 75 Prozent votierten dort für die Bahn.

Und so ist es plausibel, was German Hacker (SPD), der Bürgermeister von Herzogenaurach, nun vorhat: Die Kleinstadt will die Bahn nach Erlangen jetzt in Eigenregie vorantreiben. Allerdings müsste der Stadt dafür die Aufgabe, den Öffentlichen Personennahverkehr zu organisieren, vom Kreis übertragen werden. Und das notwendige Geld bekommen. Einen Extra-Anteil von zehn Millionen Euro hatte Herzogenaurach bereits vor dem Votum der Bürger zugesagt. Wohl wissend, dass man im eigenen Landkreis ziemlich alleine dastehen könnte mit dem Willen zur Bahn.

Zum Sieger will sich Ludwig Wahl, der Initiator des Bürgerentscheids, nicht stilisieren. Ihm sei es darum gegangen, die Bürger zu beteiligen. Wahl betont, dass er nicht dagegen sei, den öffentlichen Nahverkehr im Landkreis zu verbessern. Nur befürworte er und seine Kollegen ein ausgebautes Bussystem. Dafür gebe es nun einen klaren Auftrag. Einen Haken aber hat die Variante: Mit der Tramlinie von Nürnberg nach Erlangen wurde längst begonnen. Beide Städte planen weiter. Man werde den Kopf nicht in den Sand stecken, sagt Erlangens OB Janik. Auch Söder will die Bahn weiter: Der Freistaat stehe zu seiner Förderzusage, sagt er. Raus ist nur der Landkreis. Man werde die Pläne "nicht weiterverfolgen", teilt Landrat Alexander Tritthart (CSU) mit.

© SZ vom 21.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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