Unterwegs:Komm mir nicht zu nahe

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Den richtigen Abstand zu halten ist auf die Straße nicht einfacher, als im Supermarkt an der Kasse. Nur kann die Distanz im Auto über Wohl und Wehe entscheiden. Und nicht nur, wenn man einen schlecht gelaunten Taxifahrer ärgert.

Von Richard Christian Kähler 

Dass es keine kluge Idee ist, einem Taxi, das direkt vor einem mitten auf dem Zebrastreifen hält, um seinen Fahrgast abzusetzen, beim genervten Um-den-Wagen-Herumgehen mit der Hand auf den Kühler zu klatschen, merkt man spätestens, wenn die Fahrertür aufgeht, ein auffallend schlecht gelaunter Bär aussteigt und böse brummend auf einen zukommt.

Eigentlich verständlich. Kehrt man ein anderes Mal zu seinem geparkten Wagen zurück, und ein paar junge Glatzköpfe sitzen auf, lehnen an und lungern um den Kühler herum, fühlt man ja auch nicht nur sein eigenes Autoblech belagert, sondern sich selbst unangenehm bedrängt. Und einsteigen, den Motor starten und den Wagen auffordernd etwas vorruckeln lassen ist ebenfalls eine Art Körpersprache. Auch wenn das in dieser Situation vielleicht nicht wirklich zu empfehlen ist.

Klar ist: Ein Auto ist eine eigene zweite Haut, wer will die schon von Fremden antatschen oder gar zerkratzen lassen? Schon wenn einem einer zu nahe kommt, das ist auf der Straße nicht anders als im Supermarkt vor der Kasse, spürt man diese ungut aufgezwungene Nähe. Leider fehlt es so manchem Mitmenschen dafür am rechten Gespür. Komm mir bloß nicht zu nahe, stöhnt dann jede Pore. Und beim Autofahren kann vom rechten Abstand viel abhängen: Wo ist meine Außenhaut zu Ende, und wo beginnt das Blech der anderen?

Nur so können Millionen Autos nicht nur tagsüber berührungslos an Millionen anderen vorbeikommen, sondern auch nachts auf der Straße unberührt stehen bleiben. Schon Ätzattacken durch völlig frühlingsverrückt vom Baum pladdernden Vogelkot kann man da durchaus persönlich nehmen. Kürzlich ist sogar eine Katze gerichtlich angeklagt worden, einen Porsche zerkratzt zu haben. Beweis: Rote Katzenhaare auf dem Wagen. Doch der Tierbesitzer schwor, sein Kater sei zur fraglichen Zeit daheim gewesen. Die DNS der Katzenhaare bewies im Namen des Volkes: Das Tier war unschuldig. Und die Kosten des Verfahrens - 1400 Euro für eine Genprobe - trägt der zerkratzte Kläger.

© SZ vom 12.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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