Unterwegs:Fragen über Fragen

Wer früher sein Auto zum Kundendienst brachte, musste danach nicht stundenlang einen Fragenkatalog beantworten: War der Meister höflich? Hat Ihnen der Verkaufsraum gefallen? - Was aber passiert eigentlich mit den Antworten?

Von Jörg Reichle

Glückliche Kunden sind eine schöne Sache, das weiß jeder. Und jeder freut sich, wenn er in einem Laden oder einem Restaurant nett bedient wird, höflich und zuvorkommend, mit Sachverstand und Augenmaß. Leider kommt es manchmal anders. Natürlich will das kein Mensch: kaugummikauendes Personal, das höfliche Fragen mit einer hochgezogenen Augenbraue ignoriert oder vergleichbare Sternstunden der Dienstleistung, ein Begriff, der ja nicht ohne Grund die Worte "dienen" und "leisten" in sich vereint.

Andererseits: In letzter Zeit hat man den Eindruck, dass man es auch übertreiben kann mit der Kundenfreundlichkeit. Inzwischen kann man ja fast in keinem Laden einkaufen und im Netz nichts mehr bestellen, ohne dass man anschließend belästigt wird. Wie hat Ihnen unser Essen geschmeckt? Wie fanden Sie unser Personal? Werden Sie wiederkommen? Ja, nein, vielleicht.

Manchmal soll man dann Punkte verteilen, obwohl man den ganzen Laden sowieso schon zum Davonlaufen fand. Statt einfach nicht mehr hinzugehen. War das schön, früher, als man zum Beispiel sein Auto noch zum Kundendienst bringen konnte, ohne hinterher stundenlang einen einschlägigen Fragenkatalog zu beantworten. War unser Meister höflich? Wie hat Ihnen der Verkaufsraum gefallen? Fanden Sie das Parfüm der Empfangsdame zu aufdringlich? Zu dem Zeitpunkt weiß man ja noch nicht einmal, ob der fahrbare Untersatz überhaupt wieder voll funktioniert.

Und nicht einmal unterwegs hat das dauergeforderte Verbraucherhirn mehr seine Ruhe. Denn was sieht man da vor sich an der Ampel, na? Einen Lieferwagen mit einem Aufkleber hintendran, auf dem zu lesen steht: "Fahrstil in Ordnung? Rufen Sie an" und dann folgt eine Telefonnummer. Irgendwann reicht's.

Zumal sich am Ende des Tages der Verdacht aufdrängt, dass die ganze Fragerei samt unseren Antworten doch wieder dort landet, wo schon so viele gute Absichten liegen: auf dem gigantischen Beschwerde-Müllhaufen der Menschheit.

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