Unterwegs:Am Steuer eines Sternenkreuzers

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Bei dunkler Nacht, wenn die Lichter des Gegenverkehrs und der Straßenbeleuchtung wirken wie Sterne oben am Himmel - dann kann man sich schon mal fühlen wie der Pilot in einem kleinen, wendigen Raumschiff.

Von Richard Christian Kähler

Ist man im Wagen unter grauem, dunkelgrauem oder gleich galaxisschwarzem Himmel unterwegs - und wann ist man das nicht in dieser Winterzeit -, dann kann es einem auf der Autobahn stadtauswärts mit vier, fünf oder gar sechs Spuren nebeneinander und voller Kontrolllichtern vor, neben und hinter sich allein in seiner verglasten Kuppel durchaus so vorkommen, als ob man gerade in einem "Star Wars"-Film mitspielt. Wenn auch nur eine ganz kleine Komparsenrolle.

Man ist nämlich einer von Hunderten Piloten am Steuer ihrer wendigen, kleinen Raumschiffe, eine sausende Staffel Zukunftsflieger, die vom Mutterstern aus vereint hinausjagen in die schwarze Unendlichkeit direkt vor uns. Und im dichten Konvoi zischt durch das schwarze Land ein Lichtermeer in Weiß und Rot daher mit gelben Sprengseln, rechts, links, geradeaus. Fehlt nur noch die dritte Dimension: 100, 120 ... Bei welchem Tempo war gleich wieder die Abhebegeschwindigkeit erreicht?

Und so, im nächtlichen Dahinschießen gemeinsam mit den vielen anderen tausend "Star Wars"-Piloten, fällt einem auf, wie modern wir in Wirklichkeit doch sind. Wären unsere führerscheininhabenden Väter und Großväter heute in der Lage, so einen interstellaren Formationsflug im Warp-Modus noch geregelt zu bekommen? Mit all dem, was sie an Thrill und Skill gewohnt waren von idyllischen Landstraßen und Zweispurautobahn-Gemütlichkeit?

Und um bei so einem Nachtflug nicht gleich komplett in eine andere Galaxie abzugleiten, macht man besser das Radio an, startet den Sendersuchlauf - und stoppt ihn auch nicht mehr. Und lässt sich so einen Fünfsekundenfetzen nach dem anderen servieren am laufenden Band: Schlagerschmalz gemischt mit Chart-Pop und Hardrock, zuckersüßelnde Moderationsstimmen und überernste Nachrichtensprecher, schreiende Werbe-Fuzzis und trommelnde Reklame-Fuzzinnen - das ist sie, unsere moderne Welt im Schnelldurchlauf. Hätten das unsere Altvorderen noch erlebt, sie hätten es wohl nicht überlebt.

© SZ vom 07.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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