Toyota iQ:Intelligente Kurzware

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Wenn ein Auto iQ heißt, dann will es intelligenter sein als der Wettbewerb. Im Frühjahr kommt der neue Toyota zu uns und setzt auf smarte Weise neue Maßstäbe. Der erste Fahrbericht

Yoshihiro Koi

Wenn ein Auto iQ heißt, dann will es intelligenter sein als der Wettbewerb. Viel intelligenter. Selbst im Vergleich zu so starker Konkurrenz wie Smart, Mini oder Fiat Cinquecento. Deshalb ist der Toyota iQ alles andere als ein konventioneller Kleinwagen, was schon die Proportionen zeigen: 2,98 Meter lang, 1,68 Meter breit und 1,50 Meter hoch. Will sagen: so breit und hoch wie ein Toyota Yaris, aber nur um 30 Zentimeter länger als ein Smart und trotzdem mit vier Sitzplätzen - können die Japaner zaubern?

Gute Idee: Mit 2,98 Meter ist der Toyota iQ nur 30 Zentimeter länger als ein Smart, bietet aber durch die optimale Nutzung des Innenraumes und Frontantrieb bis zu vier Passagieren Platz. (Foto: Foto: Toyota)

Können sie nicht. Aber sie haben die smarte Original-Idee des Micro-Compact-Car von Swatch-Chef Nicolas Hayek perfektioniert, indem sie den Beifahrersitz weiter nach vorne rücken und so Platz schaffen für einen fast vollwertigen dritten Sitz hinten rechts; daneben passt auf Kurzstrecken sogar noch ein Kind, wenn der Fahrer dicht ans Lenkrad rückt. Der Kofferraum findet sich dort, wo im Smart Motor und Getriebe Platz wegnehmen. Durch Umklappen der Fondsitze kann man das Gepäckabteil mit wenigen Handgriffen Zug um Zug vergrößern.

Weniger als drei Meter Länge und Frontantrieb - das war bis vor kurzem Utopie. Doch Toyota hat durch viel Arbeit im Detail den knappen Raum neu aufgeteilt - dazu zählen das um zwölf Zentimeter nach vorne verlagerte Differential samt entsprechend versetztem Gaspedal, die kompakte Servolenkung, der zwischen die Achsen verlegte Flachtank und die dadurch um 440 Millimeter kürzer bauende Hinterachse, die deutlich dünneren Rückenlehnen sowie die miniaturisierte Heizung und Klimaanlage. Gleichzeitig wurde das Interieur nach allen Regeln der Kunst ausgehöhlt, indem man die Tiefe des Armaturenbretts und der Türtafeln auf ein Minimum reduzierte.

Trotz der ultrakompakten Abmessungen schafft der iQ den NCAP-Aufpralltest mit der Fünf-Sterne-Bestnote. Entscheidenden Anteil daran hat die ungewöhnlich stark verästelte Karosseriestruktur, die beim Crash in der Fläche und in der Tiefe Energie abbaut. Darüber hinaus sorgen nicht weniger als zwölf Airbags für totalen Rundumschutz. Ganz neu: der Prallbeutel für die gesamte Fläche der Heckscheibe, Seitenairbags in den hinteren Seitenteilen und ein Luftsack im Beifahrer-Sitzkissen, der ein Durchrutschen unter dem Gurt verhindern soll.

Indem sie den seitlichen Abstand zwischen den vorderen Längsträgern verringerten, konnten die Techniker den Einschlagwinkel der Räder vergrößern, was einen konkurrenzlos engen Wendekreis von nur 7,8 Metern zur Folge hat - der Smart benötigt einen Meter mehr. Durch den extrem steifen Aufbau und durch die Verwendung von Dämmglas und von hinterschäumten Verkleidungsteilen sank das Geräuschniveau des iQ auf den Wert eines leisen Mittelklassewagens.

Die Fahrleistungen sind, abhängig von der Motorisierung, adäquat bis spritzig. Die handgeschaltete Version mit dem 50 kW (68PS) starken 1,0-Liter-Benzinmotor beschleunigt in 14,1 Sekunden von null auf 100 km/h, ist 150 km/h schnell und verbraucht im Schnitt 4,2 Liter auf 100 Kilometer; mit dem sequentiellen Multidrive-Getriebe benötigt der Dreizylinder 1,1 Sekunden länger für den Spurt und 0,5 Liter mehr Sprit, außerdem verschlechtert sich der CO2-Wert von 99 auf 110 g/km.

Deutlich agiler wirkt der 1,4-Liter-Vierzylinder-Diesel mit 66 kW (90 PS) und Sechs-Gang-Schaltbox: Er absolviert den Sprint in 10,7 Sekunden, läuft 170 km/h Spitze, begnügt sich mit vier Liter auf 100 Kilometer und emittiert 106 g CO2/km. Ein zweiter Benziner mit 1,33 Liter Hubraum und rund 77 kW (105 PS) kommt Mitte 2009.

iQ fahren ist weit weniger gewöhnungsbedürftig als ein erster Ausflug im Smart. Der Toyota überrascht durch ordentlichen Grundkomfort, schaltet sogar mit Multidrive ohne Gedenksekunde und gehört vor allem als Diesel zu den Schnellen im Land. Doch die herausragenden Eigenschaften der Kurzware sind die stoische Stabilität und die unerschütterliche Gutmütigkeit; selbst bei Tempo 180 auf der Autobahn zieht der iQ seine Spur wie mit dem Lineal gezogen.

Die Grundabstimmung ist straff - schließlich ist der Elchtest auch in Japan ein fester Begriff -, aber der kleine Toyota federt keineswegs unangenehm hart. Stattdessen hat man dem Chassis eine Grundgeschmeidigkeit anerzogen, die Querrinnen und Längsrillen besser wegsteckt als so manches Vollformat-Mobil. Obwohl die schmalen Leichtlaufreifen relativ wenig Grip aufbauen, lenkt der iQ willig ein und folgt mäßig untersteuernd dem Richtungsgeber. Man muss schon zackig durch den Kreisverkehr zirkeln, ehe die Stabilitätskontrolle eingreift.

Der Bonsai-Toyota wird fast so exklusiv ausgestattet und verarbeitet sein wie die großen Brüder aus dem Hause Lexus, das von Frühjahr an lieferbare Grundmodell soll fast 14.000 Euro kosten - kein Schnäppchen. Trotzdem dürfte das Raumwunder seinen Weg machen, denn es ist kinderleicht zu bedienen, variabel wie ein Einkaufskorb und ähnlich unterhaltsam wie der Mini. Klar, dass bei Toyota längst das iQ-Gegenstück zum Cooper S seine Runden dreht.

© SZ vom 06.09.2008/gf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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