Test:Dieses Rennrad rattert wie eine Ratsche

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Das Cube Litening SLT C:68 ist leicht, bremst gut und schaltet sich smart. Und das Rennrad erregt eine ganze Menge Aufmerksamkeit, wenn man mit ihm unterwegs ist - allerdings wegen der falschen Dinge.

Von Sebastian Herrmann

Kein billiges Vergnügen: das Cube Litening SLT C:68 für 5999 Euro. (Foto: Cube)

Als Rennradfahrer bereitet es stets Vergnügen, von anderen bestaunt zu werden. Am liebsten natürlich von anderen Rennradfahrern, die einen etwa an einer roten Ampel mit verstohlenem Blick mustern. Nun ja, natürlich mustern sie das Rad, nicht den Fahrer. Wer mit dem Cube Litening SLT C:68 unterwegs ist, muss gar nicht darauf warten, dass sein Publikum an roten Ampeln steht - er findet weithin Beachtung, manchmal mehr als ihm lieb ist. Das liegt an den Laufrädern, die der Hersteller in dieser Modellvariante installiert: Die Newmen Advanced SL R.25 Disc produzieren im Freilauf eine enorme Geräuschkulisse. Es rattert wie eine Ratsche.

Das hat Vor- und Nachteile. Der laute Freilauf kündigt den Fahrer frühzeitig an, so dass eine Klingel theoretisch gar nicht mehr nötig ist. Wer von hinten an andere Radler heran rollt und überholen möchte, stellt einfach kurz das Treten ein, lässt den Freilauf schnarren und sofort ist allen klar: Achtung, Achtung, da kommt von hinten etwas Schnelles an.

Der Nachteil der lauten Laufräder: Auch unbeteiligte Passanten drehen sich um und suchen nach der Quelle dieses seltsamen Geräusches. Mit diesem Rad unbemerkt durch die Gegend zu rollen, ist schier unmöglich. "Du darfst halt nicht aufhören zu treten", feixt da mancher. Und so ertappt man sich bei der Anfahrt auf eine rote Ampel dabei, beim Bremsen noch leicht mitzukurbeln, sodass kein Druck mehr auf dem Pedal ist. Und das Geratter unterbleibt. Dabei hätte das Cube Litening SLT C:68 durchaus Aufmerksamkeit verdient - seiner Ausstattung wegen.

Das Rad verfügt über die elektronische Schaltgruppe Shimano Dura Ace Di2 samt hydraulischen Scheibenbremsen. Das System wechselt präzise und geschmeidig die Gänge, so wie frühere Di2-Gruppen von Shimano das auch geleistet haben. Es ist schwer, einen Unterschied zu den Vorgängermodellen wahrzunehmen. Außer vielleicht, dass die Schaltflächen an den Bremshebeln eine winzige Spur zackiger arbeiten und etwas mehr Feedback geben: Das Klicken lässt sich leichter wahrnehmen als einst, so bildet man sich zumindest ein - wenn es auch nicht ganz so eindringlich klingt wie bei den vergleichbaren Sram-Schaltungen.

Die Dura Ace lässt sich über die Shimano-App per Smartphone oder Rechner konfigurieren. Synchroshift nennt sich das, und es ermöglicht, die Gangfolge festzulegen und den Schaltern an den Bremshebeln nach Gusto Funktionen zuzuweisen. Wenn gewünscht, entscheidet das System dann selbst, ob es auf der großen Kurbel vorne oder auf der Kassette hinten den Gang wechselt, der Fahrer schaltet dann nur mehr rauf oder runter, statt darüber nachzudenken, ob die Kette vorne oder hinten die Position wechseln soll. Um all diese Feinheiten zu justieren, muss die Schaltung per Kabel mit dem Rechner oder per Bluetooth mit dem Smartphone verbunden werden (für letztere Variante braucht es ein Zusatzgerät). Was den ungeduldigen Radler zu dem Gedanken verleitet, ob das wirklich nötig ist. Als Gewohnheitstier schaltet man schließlich doch am liebsten so wie immer selbständig durch die Gänge.

Die 140 Millimeter Bremsscheiben sind innen schwarz gefärbt, eine gelungene Optik. Auch die Bremsleistung ist prima, bei Nässe erzeugen die Scheiben die üblichen nervigen Jammergeräusche. Der Rahmen des Litening SLT C:68 fällt durch das voluminös-kubistische Unterrohr auf. Das ist ungewöhnlich und wird nicht jedem gefallen, weil es im Verhältnis zum schlanken Oberrohr etwas klobig erscheint. Die Form fällt auch deshalb auf, weil so viele andere Hersteller gerade die Aerodynamik ihrer Rahmen als Verkaufsargument betonen - und windschlüpfrig ist das kantige Rohr sicher nicht. Kleine Details wie die roten Schrauben für Flaschenkäfige sind gelungen, doch insgesamt wirkt die Optik des Rads weniger hochwertig als die Technik.

Nervig sind die Steckachsen ohne Drehgriff. Sie verleihen dem Rahmen zwar zusätzliche Steifigkeit, doch ohne Inbus-Schlüssel sind sie nicht zu öffnen. Bei einer Panne lassen sich die Laufräder nur mit Werkzeug ausbauen. Was dann blöd ist, wenn man bei einem platten Reifen zwar einen Ersatzschlauch dabei hat, aber kein Werkzeug - und dann dumm schaut und sich über die eigene Schusseligkeit ärgert.

Das Rad wiegt 6,8 Kilo. Das ist wenig für ein Rennrad mit Scheibenbremsen. Der Preis von 5999 Euro ist eine enorme Summe, bei der Ausstattung aber relativ günstig. Das Publikum beschafft das Cube dem Radler dann gratis und beschert ihm dadurch die Einsicht, dass seinesgleichen manchmal seltsame Typen sind. "Schönes Rad", sagt der Artgenosse beim Ampelstop. Doch dann fügt er hinzu: "Aber ist halt nur ein Cube." Tja, beim Rennradeln geht es oft auch um Prestige und Markenfetischismus.

© SZ vom 03.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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