Schon gefahren:Mini entdeckt den Spießer in sich

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Der neue Clubman ist seriös gemacht, aber deshalb noch lange kein Vernunftauto. Und er ist teuer. Aber das sind Mini-Fans ja schon gewohnt.

Von Thomas Harloff

Früher, zwischen 1959 und 2000, hat der Markenname noch gepasst. Weil es nur 3,06 Meter kurz war, nannte die British Motor Company das revolutionäre, von Sir Alec Issigonis erdachte Wägelchen einfach Mini. Heute heißt eine ganze Marke so, und die traut sich längst, 4,25 Meter lange Autos unter diesem Namen anzubieten. Den neuen Clubman zum Beispiel. Der hat das Format eines klassischen kompakten Kombis, der Škoda Fabia Combi ist fast genauso lang. Was den Tschechen vom Mini unterscheidet: Sein Kofferraum hat ein Volumen von 530 bis 1395 Liter. Der Clubman bietet nur zwischen 350 und 1250 Liter.

Sein Gepäckabteil ist nicht die einzige unpraktische Eigenheit des Mini. So gibt es statt einer Heckklappe die zweigeteilten Split Doors. Eine charmante Reminiszenz an den Ur-Clubman aus den späten Sechzigerjahren, aber die Türen öffnen sehr raumgreifend, erschweren das Be- und Entladen, weil alles um sie herumgetragen werden muss, und sie erschweren mit ihrem Mittelsteg den Blick durch den Innenspiegel. Der Clubman hat sie wohl nur deshalb, weil sie sonst keiner hat.

So geräumig und variabel wie nötig, so verspielt wie möglich: In dieser Hinsicht bleibt sich Mini auch beim Clubman treu. Deshalb gibt es im Innenraum wie bei den anderen Karosserievarianten sinnfreie Farbenspiele. Außerdem zeichnet ihn eine weitgehend zugebaute vordere Sitzreihe aus und ein Fond, der in Sachen Knie- und Kopffreiheit nur das Urteil "ausreichend" verdient. Wenigstens können die dort untergebrachten Passagiere durch die großen Türen bequem einsteigen.

So ein Škoda Fabia Combi ist also das praktischere Auto. Mehr Spaß macht aber der Mini. Der 136 PS starken Cooper-Variante mit 1,5-Liter-Dreizylinder-Turbobenziner mag es etwas an Hubraum mangeln, nicht aber an Kraft im niedrigen Drehzahlbereich. Bei 1250 Touren liegt das maximale Drehmoment von 220 Newtonmetern an - ein entspannter motorisierter Stadtbummel im fünften Gang ist damit problemlos möglich. Auch läuft der Motor nur dann etwas rauer als ein Vierzylinder, wenn ihm Leistung abverlangt wird. So sparsam wie versprochen ist er jedoch nicht: Höchstens 5,3 Liter auf 100 Kilometer sollen es laut Hersteller sein, 7,8 Liter ergab der Test. Dass dem Clubman die fahrdynamische Hibbeligkeit der kleineren Mini-Modelle fremd ist, kann man ihm als Vor- oder Nachteil auslegen. Zu einem Kombi passt diese entspannte Abstimmung gut, weil der Fahrer nicht ständig an einer nervösen Lenkung zupfen muss. Dem Federungskomfort hilft diese Auslegung ebenfalls. Und agil genug, um seinen Konkurrenten auf kurvigem Terrain davonzufahren, ist der Maxi-Mini obendrein.

Wobei, wer sind diese Konkurrenten eigentlich? Wer sich in diesem Segment umschaut, wird keinen zweiten Vertreter finden, dessen Motor 136 PS leistet und dessen Materialqualität im Innenraum ein so hohes Niveau erreicht. Obwohl Mini mit dem Clubman bis zu einem gewissen Grad den Spießer in sich entdeckt hat, ist er eine edle, dynamische und unterhaltsame Alternative zu den bodenständigen Vertretern dieser Klasse, zu denen unter anderem der Fabia Combi gehört. Der Clubman ist ein weitgehend klassisch gemachter Kombi, der sich die eine oder andere Schrulligkeit leistet. Und der markentypisch selbstbewusst eingepreist ist.

Obwohl die Mini-Strategen den Basispreis mit 23 900 Euro hoch ansetzen, fehlen viele Selbstverständlichkeiten in der Grundausstattung. Sitzheizung? Macht 330 Euro extra. Die Einbindung von Smartphones ins Bordsystem kostet im Paket mindestens 500 Euro. Genauso teuer ist die Klimaautomatik. So summieren sich die Aufpreise, bis das Auto letztlich 35 000 Euro kostet. Immerhin bietet der Clubman auch Dinge wie einen Abstandsregeltempomaten, ein Head-up-Display oder eine Rückfahrkamera an. Das haben nicht viele Autos in dieser Klasse, aber es sind teure Alleinstellungsmerkmale.

© SZ vom 03.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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