Ferrari-Sammler:Autolegenden fast zu verschenken

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Paul Schouwenburg mit seinem Lieblingsauto, einem Ferrari 250 GT SWB. (Foto: Privat)

Paul Schouwenburg hatte ein erfülltes Autoleben. Er besaß viele Ferraris, auch einen 250 GTO. Der kostet heute Millionen, aber damals "wollte ihn einfach niemand haben". Besuch bei einem Auto-Verrückten.

Von René de Boer

"Insgesamt habe ich in den mehr als 50 Jahren wohl über 80 Autos gekauft, gefahren und meistens wieder verkauft." Schon im Kindesalter verfiel der heute 71-jährige Niederländer Paul Schouwenburg der Autoleidenschaft. Er las alles, was es zu dem Thema gab, sammelte Prospekte und gewann als Jugendlicher so manchen Designwettbewerb. "Ich hätte sofort eine Ausbildung als Designer in Italien anfangen können", erzählt er. Dennoch entschied er sich für eine medizinische Karriere, die ihn schließlich zur Position als Professor für HNO-Heilkunde mit Schwerpunkt in der Krebsforschung an der Universitätsklinik in Amsterdam führte.

Immerhin ermöglichte ihm sein Beruf auch die Erfüllung zahlreicher automobiler Träume, nachdem er bereits als Student zusammen mit einem Freund einen Alfa Romeo 1900 erwarb. Bald jedoch entdeckte er seine Faszination für Ferrari und wurde von Jacques Swaters, dem in Belgien ansässigen Ferrari-Importeur für die Benelux-Staaten, als offizieller Repräsentant für den niederländischen Markt engagiert. "Das habe ich einige Jahre gemacht, aber kaufte und verkaufte und restaurierte und fuhr natürlich auch immer. Die Fünfziger-, Sechziger- und auch noch die Siebzigerjahre waren eine Zeit, in der es noch richtige Scheunenfunde gab, in der alte Autos preiswert erhältlich waren. Erst danach gingen die Preise in die Höhe, vor allem bei den Ferraris."

"Nie in meinem Leben war mir so kalt"

Die teuersten Oldtimer 2013
:Blech für Millionen

Auf umgerechnet fast 90 Millionen Euro brachten es im vergangenen Jahr die zehn teuersten versteigerten Oldtimer. Der wertvollste unter ihnen: ein Mercedes W196 Silberpfeil aus dem Jahr 1954 für 22 Millionen Euro. Er ist damit der am höchsten gehandelte Oldtimer 2013. Und das offiziell teuerste Auto der Welt.

Ein Ferrari spielt auch eine wichtige Rolle in einer von Schouwenburgs Lieblingsgeschichten. "1973 fuhr ich mit einem Ferrari Monza die Mille Miglia. Ich bin mit dem offenen Auto einfach von Amsterdam nach Italien gefahren, wo ich meinen Beifahrer abholte. Dann die Mille Miglia, die damals noch zwei Tage dauerte, statt drei, wie jetzt. Wir starteten abends um elf. Die Bedingungen waren aber fürchterlich: Regen, Schnee, Nebel, alles. Nie in meinem Leben war mir so kalt ... Und nach der Mille wieder alleine mit dem offenen Rennwagen zurück. Insgesamt waren das gut 4000 Kilometer. Keine Teammitglieder, keine Mechaniker, gar nichts. Heutzutage kommen die meisten Teilnehmer mit ihren Autos im Lkw oder im Anhänger, essen und schlafen in Luxushotels und müssen sich um nichts kümmern."

Gefragt nach seinem Lieblingsauto zögert Schouwenburg keine Sekunde: "Der Ferrari 250 Short-Wheel-Base Berlinetta. Mit Abstand das beste Auto, das ich je hatte. Zwölf Jahre lang bin ich damit Rennen gefahren, habe viele Preise gewonnen: Bestimmt 40 oder 50 Pokale, nur mit dem einen Auto. Es war völlig original, ein ehemaliges Einsatzauto des Schweizer Rennteams 'Ecurie du Nord', eine Rennsportausführung mit Alukarosse. Zwischen dem Auto und mir gab es eine Freundschaft, wie andere ein spezielles Band mit ihrem Pferd oder ihrem Hund haben."

Heute kostet ein GTO 50, 60 Millionen

Der 250 SWB gehört zu den legendären Ferrari-Modellen, aber die beliebteste Variante ist heutzutage der 250 GTO. Auch ein solches Auto besaß Schouwenburg für kurze Zeit. "Den hatte ich zusammen mit einem Freund für 25 000 Gulden gekauft. Ich bekam aber mit dem Auto nie das Gefühl wie mit dem SWB", räumt er ein. "Mit dem SWB konnte ich auch zum Einkaufen oder in den Urlaub fahren. Mit dem GTO ging das alles nicht. Also wollte ich den bald wieder verkaufen. Aber keiner wollte ihn damals haben! Meine Bekannten aus Ferrari-Kreisen sagten: 'Damit können wir keine Rennen fahren, er taugt nicht für den Straßenverkehr, es gibt keine Teile dafür ...' Das ging monatelang so. Letztendlich habe ich das Auto nach Detroit verkauft, für 27 000 Gulden. Das war 1973. Heute werden GTO für 50, 60 Millionen gehandelt. Aber das war damals so."

Jetzt umfasst Schouwenburgs Sammlung noch sechs Autos: vier Alfa Romeo und zwei Ferraris, einen 1956er-250-Gran-Turismo-Prototyp und einen 250 Testa Rossa, den er seit 32 Jahren besitzt. Ein Rechtsstreit nach einem geplanten Verkauf hat seine Liebe für das Auto nur gestärkt. "Der Testa Rossa bleibt jetzt in der Familie, auch wenn ich eines Tages nicht mehr da bin", versichert er. Schouwenburg hat seine Autoliebe auf die nächste Generation übertragen: Seine ältesten Söhne Jurriaan und Lennart betreiben eine angesehene Restaurationsfirma für Oldtimer, Sohn Olivier und Tochter Vivian können es kaum erwarten, bis sie auch alt genug sind, um selbst ins Volant zu greifen. Unlängst veröffentlichte Schouwenburg unter dem Titel "Ferrari Fever" ein englischsprachiges Buch über seine automobilen Abenteuer. "Für meine Frau Catherine, die mich immer unterstützt, und damit meine Kinder meine Leidenschaft besser verstehen. Es war einfach eine andere Zeit. Aber sie war schön!"

© SZ vom 01.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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