Chaos um E10:Aigner wirft Konzernen "gravierende Versäumnisse" vor

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Nach der misslungenen Einführung des Kraftstoffs E10 streiten Regierung, Opposition und ADAC darüber, warum der Biosprit bei den Autofahrern nicht ankommt. Ministerin Aigner sieht den schwarzen Peter bei der Industrie.

Der Biokraftstoff E10 kommt bei den Verbrauchern deutlich schlechter an, als erwartet. Nun suchen Politik und ADAC nach einem Schuldigen für das Debakel. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) wirft der Wirtschaft "gravierende Versäumnisse" vor, die Grünen sehen die Fehler dagegen bei der Bundesregierung. Der ADAC machte die Wirtschaft verantwortlich.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner:  "Es kann nicht sein, dass die Autofahrer jetzt am Ende die Rechnung dafür bezahlen sollen, dass sich einzelne Konzerne aus der Verantwortung stehlen." (Foto: dpa)

"Es kann nicht sein, dass die Autofahrer jetzt am Ende die Rechnung dafür bezahlen sollen, dass sich einzelne Konzerne aus der Verantwortung stehlen", sagte Aigner im Gespräch mit der Rheinischen Post. Die Einführung von E10 dürfe nicht dazu genutzt werden, die Preise für Kraftstoff in die Höhe zu treiben.

Die Grünen-Bundestagsfraktionsvize Bärbel Höhn wirft unterdessen der Regierung eine chaotische Informationspolitik vor. "Den Gipfel hätte man vor Start des Biosprits veranstalten müssen und nicht hinterher", sagte Höhn mit Blick auf das für Dienstag angesetzte Gespräch von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) mit Spitzenvertretern der Industrie.

Forderungen von Umweltverbänden nach einem generellen Stopp von Biosprit wies die Grünen-Politikerin zurück. Solange die Energieversorgung noch am Öl hänge, sei dieser alternative Rohstoff sinnvoll. "Falsch ist die Politik der Bundesregierung, nicht Biosprit an sich", sagte Höhn.

Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Winfried Hermann (Grüne), lastet der Bundesregierung an, sie habe sich auf europäische Ebene für den höheren Anteil von Ethanol im Benzin stark gemacht, aber nichts für eine Umsetzung getan. Zudem bleibe unklar, aus welchen Bestandteilen der höhere Ethanolanteil produziert werde. Die Verringerung des Kohlendioxidausstoßes durch E10 bleibe eher bescheiden. Es müsse genau geprüft werden, wie hoch der ökologische Vorteil überhaupt sei.

ADAC: Mineralölkonzerne haben sich "nicht mit Ruhm bekleckert"

ADAC-Präsident Peter Meyer bezeichnete die Einführrung des Biosprits als "von Anfang an unglücklich". Die Mineralölkonzerne hätten es versäumt, die Autofahrer umfassend über die Qualitäten des neuen Kraftstoffs zu informieren. "Dabei haben sich die Mineralölkonzerne wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert."

Schuld sieht er aber auch bei den Automobilherstellern. Sie hätten die Kraftfahrer nur halbherzig informiert, ob ihr Fahrzeug E10 verträgt oder nicht. Meyer betonte, der ADAC befürworte die Umstellung auf Biosprit grundsätzlich, solange dieser ökologisch verträglich erzeugt werde.

Der Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbands (MWV), Klaus Picard, hatte am Donnerstag gesagt, dass die Einführung von E10 an weiteren Tankstellen vorerst ausgesetzt worden sei. An den etwas mehr als 7000 der 15.000 Tankstellen in Deutschland, wo es E10 bereits gibt, kann der Kraftstoff mit einem Anteil von zehn Prozent Ethanol weiterhin getankt werden. Außerdem werden vorerst keine weiteren Raffinerien auf die Produktion des neuen Treibstoffs umstellen.

E10 enthält entsprechend einer EU-Richtlinie bis zu zehn Prozent Bioethanol aus nachwachsenden Rohstoffen. Zuvor wurden nur fünf Prozent Biosprit ins Benzin gemischt. Weil verunsicherte Autofahrer trotz der höheren Preise lieber Super Plus als E10 tanken, gibt es derzeit ein Überangebot des Biokraftstoffs und Engpässe bei Super Plus.

© sueddeutsche.de/AP/AFP/dpa/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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