ADAC:Immer brav mitgestimmt

Der ehemalige Präsident des ADAC Peter Meyer

Ex-ADAC-Präsident Peter Meyer findet öffentlich nicht mehr statt. Laut SZ-Informationen einigte man sich intern.

(Foto: Frank Leonhardt/dpa)

Der ADAC hat mit seinem langjährigen Präsidenten Peter Meyer heimlich einen Burgfrieden geschlossen, ebenso mit seinem ehemals obersten Manager Karl Obermair. Nur Ex-Kommunikationschef Ramstetter zieht kommende Woche vor Gericht.

Von Bastian Obermayer und Uwe Ritzer

Fast schien es so, als habe es ihn nie gegeben. Als hätte er nicht zwölf Jahre und neun Monate lang den zweitgrößten Automobilklub der Welt geführt und geprägt, den ADAC. Nur sehr beiläufig fiel sein Name, einen öffentlichen Dank an ihn gab es nicht. Die Regie der auf Reform und Konsens gebügelten ADAC-Hauptversammlung am vergangenen Wochenende in Saarbrücken sah für Peter Meyer, 64, keine Rolle vor. Zumindest öffentlich fand er einfach nicht statt.

Dennoch saß der Spediteur aus dem Ruhrpott still und ohne erkennbare Wut in Reihe fünf neben den anderen Delegierten des mächtigen Regionalklubs Niederrhein, dessen Vorsitzender Meyer nach wie vor ist. Als Präsident des ADAC trat er am 10. Februar zurück, auf dem Höhepunkt der Krise um die jahrelang manipulierten Wahlen zum Lieblingsauto der Deutschen. Meyers scheinbare Gelassenheit hat ihren guten Grund: Heimlich hat der ADAC einen Burgfrieden mit ihm geschlossen. Es ist ein vorteilhafter Frieden für Peter Meyer.

Der Applaus hielt sich in Grenzen

Zwar geriet seine Verabschiedung in einer nichtöffentlichen Delegiertenkonferenz in Saarbrücken Teilnehmern zufolge eher geschäftsmäßig kühl; der Applaus habe sich in Grenzen gehalten, heißt es. Doch bei der Gelegenheit wurde nach SZ-Informationen die Übereinkunft verkündet: Meyer bekennt sich dabei zur "vereinspolitischen Verantwortung" für den Zahlenskandal. Umgekehrt gesteht der ADAC ihm ausdrücklich zu, dass eine im Raum stehende Suspendierung so nicht satzungsgemäß gewesen wäre.

Das ist ein wichtiges Detail. Als Meyer am Mittag des 10. Februar vom Niederrhein aus und ohne die Münchner ADAC-Zentrale vorab zu informieren, seinen Rücktritt verkündete, ließ der ADAC verlauten, Meyer käme so nur einem Putsch zuvor. Denn das Präsidium habe am Vormittag "ein Suspendierungsverfahren gegen Peter Meyer beschlossen", so der ADAC in einer Mitteilung. Die hat er inzwischen von seiner Internetseite getilgt.

Denn Meyer ist wichtig, dass er von sich aus zurückgetreten ist. Es habe keinen Suspendierungsantrag gegeben, und ein solcher hätte auch gegen die Satzung verstoßen. Um diese Lesart hat Meyer mit Zähnen und Klauen gekämpft, auch gegenüber Medien. Nun bestätigt ihn der ADAC.

Kein alleiniger Buhmann

Hinter alledem steht, dass Meyer keine Lust hat, in dem ADAC-Schauspiel den alleinigen Buhmann zu geben. Er wollte von Anfang an, dass das gesamte Präsidium zurücktritt und nicht nur er allein. Seine Rechnung sieht so aus: 2013 wurden in sieben Sitzungen des ADAC-Präsidiums 128 Beschlüsse gefasst. 127 davon waren einstimmig, nur einer wurde mehrheitlich gefasst. Von 98 ADAC-Verwaltungsratsbeschlüssen im selben Zeitraum fielen 95 einstimmig und drei mehrheitlich.

Mit anderen Worten: Sie waren alle dabei, sie haben brav mitgestimmt, auch jene Präsidiumsmitglieder um Interimschef und Meyer-Stellvertreter August Markl, die sich nun als Reformatoren gerieren. Zumindest nach außen hin wurde der ADAC jahrelang von einem Triumvirat regiert: von Präsident Meyer, der den Automobilklub auf Wachstum um jeden Preis trimmte und dabei in Geschäftsführer Karl Obermair einen engen Partner hatte. Dazu gesellte sich Kommunikationschef Michael Ramstetter, der einflussreiche Lautsprecher. Jetzt plötzlich wollen viele im ADAC schon lange an ihnen gezweifelt haben. Jetzt plötzlich schieben ehrenamtliche Funktionäre den Hauptamtlichen die Schuld für die Krise zu - und umgekehrt.

Ein Vorstandsmitglied eines Regionalklubs ärgert sich, dass ähnlich wie jener Meyers auch der Name von Karl Obermair in Saarbrücken öffentlich totgeschwiegen wurde. Ende Februar musste der bis dahin oberste ADAC-Manager gehen. Zunächst war von einvernehmlicher Lösung die Rede. Dann kündigte ihm der ADAC plötzlich, nachdem Obermair auf eine Millionenabfindung pochte. Schließlich einigte man sich doch diskret. Zu welchem Preis, dies wird als großes Geheimnis gehütet.

Und Michael Ramstetter?

Nach ADAC-Lesart ist der Ex-Kommunikationschef der Alleinschuldige für die Zahlenmanipulationen bei der Autowahl Gelber Engel. Der ADAC ist nach eigenen Angaben inzwischen erste zivilrechtliche Schritte gegen Ramstetter gegangen und prüft angeblich weitere. Aber es sei eben nicht ganz leicht, sagen Insider, den Schaden für den ADAC genau zu beziffern und dann ursächlich auf Ramstetter zurückzuführen. Strafrechtlich werde man ihm ohnehin nichts können. Arbeitsrechtlich hat der ADAC Ramstetter fristlos gekündigt. Dagegen klagt er, am Donnerstag treffen sich beide Seiten erstmals vor dem Arbeitsgericht München zu einem Gütetermin.

Gut möglich, dass man sich auch hier diskret einigt. Ramstetter dürfte sich schwertun, seine Unschuld an den Zahlenspielen zu beweisen, schließlich hat er sie eingestanden. Aber: Noch gilt nicht als sicher, dass wirklich niemand von seinen Manipulationen wusste. Und der ADAC dürfte generell kein Interesse an einer öffentlichen Schlammschlacht haben. Schließlich weiß Ramstetter ohne Zweifel eine Menge Berichtenswertes über das Innenleben und das Gebaren der ADAC-Protagonisten. Er könnte viel erzählen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: