Pilotprojekt in Bayern:Ein Stoppschild gegen Geister

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Bis zu 1800 mal im Jahr gefährden Geisterfahrer sich und andere Verkehrsteilnehmer. In Bayern glaubt man nun, dagegen ein erstaunlich einfaches Mittel gefunden zu haben: ein Schild. Viele fahren jedoch absichtlich falsch.

Tobias Opitz

"Achtung, auf der Autobahn kommt Ihnen ein Falschfahrer entgegen! Überholen Sie nicht und fahren Sie ganz rechts." Wenn diese Ansage im Verkehrsfunk über den Sender geht, ist es oft schon zu spät. Denn immer wieder gefährden Geisterfahrer andere Verkehrsteilnehmer - zwischen 1500 und 1800 Warnungen sind es pro Jahr in Deutschland, knapp 400 davon allein im Freistaat Bayern.

Stoppschild für Geisterfahrer: Dieses Schild steht schon an der  Autobahn 66 bei Martinsthal (Rheingau Taunus Kreis). Bald soll in Bayern ein weiterer Pilotversuch starten, um potentielle Geisterfahrer auf die richtige Spur zu führen. (Foto: dpa)

Welch furchtbare Folgen das Fahren gegen den Strom haben kann, zeigte sich zuletzt am vergangenen Mittwoch, als ein 18 Jahre alter Mann bei einem Frontalzusammenstoß mit einem Lastwagen auf der Autobahn A 8 bei Elchingen ums Leben kam. Jetzt soll ein neues Warnschild an den Autobahn-Auffahrten die Falschfahrer stoppen: Es zeigt auf grellgelbem Grund eine schwarze Hand mit einem roten "Einfahrt-verboten"-Schild und darauf den plakativen Schriftzug "STOP-FALSCH".

Aufgestellt werden sollen diese Tafeln, die im Nachbarland Österreich bereits im Einsatz sind, zunächst aber nur an zwei Autobahnabschnitten in Bayern - ein Pilotversuch, auf den sich der bayerische Innenminister Joachim Herrmann und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (beide CSU) jetzt geeinigt haben. Die Tafeln sollen an der Autobahn 3 von der deutsch-österreichischen Grenze bis zum Autobahnkreuz Deggendorf und an der A 8 von der Bundesgrenze bis zum Chiemsee montiert werden. Der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) begrüßt die Aktion - nicht zuletzt deshalb, weil es "eine einfache Lösung ist, die nicht viel kostet".

Die Hälfte fährt absichtlich falsch

Allerdings, so heißt es beim Automobilclub, könnten auch diese Schilder Geisterfahrten nicht völlig verhindern. Denn der ADAC kam auf der Suche nach den Ursachen zu einer erschreckenden Erkenntnis: Die Hälfte aller Geisterfahrer ist nach Aussage der Experten ganz bewusst in der falschen Richtung unterwegs. Und die Gründe dafür sind sehr vielschichtig.

Die Spanne reicht von der vermeintlichen Mutprobe über absichtliches Wenden wegen einer verpassten Ausfahrt bis hin zur geplanten Selbsttötung. Diese Motive, gegen den Strom zu fahren, werden wohl auch die neuen Warnschilder nicht verhindern können; die Hoffnung aber ist, wenigstens solche Autofahrer aufzuhalten, die sich schlicht verfahren haben.

Noch eine Zahl erstaunt: Im Gegensatz zur landläufigen Meinung, dass vor allem Autofahrer im hohen Alter auf den Schnellstraßen die Orientierung verlieren, sind es in der Mehrzahl die Jüngeren. Bereits in den neunziger Jahren hatte eine Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen ergeben, dass mehr als die Hälfte aller Falschfahrer jünger als 45 Jahre und nur 18 Prozent älter als 65 Jahre sind. Und: Fast alle Geisterfahrer sind Männer.

Was tun im Gefahrenfall? "Ruhig bleiben, geraten Sie nicht in Panik", empfiehlt Sven-Oliver Klinke vom Polizeipräsidium Schwaben Süd/West. Wichtig sei, das Licht einzuschalten und auf der rechten Seite langsam zu fahren, bis die Gefahr gebannt sei; auch soll man andere Autofahrer warnen. Für den Falschfahrer wird die Gefährdung der Öffentlichkeit auch ohne Unfall ein juristisches Nachspiel haben. Nach Paragraph 315c des Strafgesetzbuches drohen dem Täter bis zu fünf Jahren Gefängnis oder eine hohe Geldstrafe.

© SZ vom 23.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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