Wetterkapriolen:Und nun die Aussichten für August

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Der Sommer könnte heiß werden, vermuten Meteorologen. Doch Sonnenhungrige sollten sich nicht zu früh freuen: Denn schön wird er deshalb noch lange nicht.

Axel Bojanowski

Am Sonntag war Sommeranfang. Statt Sonne und Wärme erlebt Süddeutschland jedoch Kälte und Unwetter. Dauerregen lässt Flüsse über die Ufer treten; auf der Zugspitze liegt Schnee. Selten waren Wettervorhersagen so gefragt wie derzeit.

Wolken, Regen, niedrige Temperaturen: Vor allem im Süden Deutschlands begann der Sommer mit etwas unwirtlichem Wetter. (Foto: Foto: AP)

Nun überraschen Meteorologen mit Prognosen für den ganzen Sommer, die sie auf Vorhersagen für die nächsten Tage gründen - die Witterung der kommenden Woche entscheidet erfahrungsgemäß über das Sommerwetter.

Das Wetter zwischen Siebenschläfer am kommenden Samstag und dem 8. Juli bleibt in zwei von drei Sommern bestimmend, in Süddeutschland gar in vier von fünf, das zeigt die Statistik. Meteorologen machen daher Hoffnung auf einen schönen Sommer.

Der Deutsche Wetterdienst DWD sieht ab dem Wochenende "Hochdruck und Warmluft" voraus, es werde "heiß und sonnig mit Gewittern". Auch der Wetterdienst Meteomedia prognostiziert stetig steigende Temperaturen und deutlich weniger Regen im Süden; im Norden bleibe es recht trocken. "Es wird in den nächsten zwei Wochen wärmer als sonst in dieser Zeit", sagt Jörg Kachelmann von Meteomedia.

Ob sich mit der Wärme jedoch "bestes Sommerwetter" einstelle, sei zweifelhaft. Der Luftdruck müsste kommende Woche dauerhaft auf mehr als 1020 Hektopascal steigen, um Wolken großteils aufzulösen. "Solch stabiles Hochdruckwetter scheint sich nicht einzustellen", sagt Kachelmann. Ein Schönwetter-Juli wie 2006 sei mithin kaum zu erwarten.

Genauer kann sich der Experte nicht festlegen, denn für mehr als drei Tage im Voraus unterliegen Wettervorhersagen weiterhin großen Unsicherheiten. Wie sich Luftmassen verschieben, verkleinern oder vergrößern, ist letztlich vom Zufall abhängig - kleine Verwirbelungen können sich zu mächtigen Luftströmungen entwickeln oder verschwinden. Kein Satellit, kein Supercomputer kann die Luftbewegungen vorhersehen.

Dennoch blicken die Wetterdienste mittlerweile ein halbes Jahr in die Zukunft. Mit Großcomputern haben sie auch für diesen Sommer einen sogenannten Wettertrend ermittelt - den wahrscheinlichen Verlauf von Temperatur und Niederschlag.

Das Gedächtnis des Wetters

Zugrunde liegt die Erkenntnis, dass das Wetter quasi über ein "Gedächtnis" verfügt: Während ein Tiefdruckgebiet nach wenigen Tagen ausgelöscht ist, vergessen Ozean und Erdboden nichts, in ihnen bleibt Wärme lange gespeichert.

Ein ungewöhnlich kühler Nordatlantik etwa stabilisiert das Wetter Mitteleuropas oft. Ein warmer Ozean hingegen wirkt wie eine Herdplatte auf die Luft: Nach Europa strömende Westwinde werden erwärmt, wie in einem Kochtopf steigen Blasen auf - in der Luft entstehen Wirbel. Auch der Erdboden beeinflusst die Witterung über Monate.

Der Hitzesommer 2003 beispielsweise zeichnete sich bereits im Frühjahr ab: Ausbleibender Niederschlag hatte den Untergrund austrocknen lassen. Im Sommer verdunstete folglich weniger Wasser als sonst, am Himmel über Europa bildeten sich kaum Wolken, die Luft heizte sich stärker auf als sonst.

Aufgrund des "Wettergedächtnisses" ließen sich Witterungstrends ermitteln, vermuten Meteorologen. Am Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen EZMW, das von Wetterdiensten Europäischer Staaten betrieben wird, berechnen Computermodelle die Witterung Europas Monate im Voraus.

Der Prozess ähnelt dem Vorhaben, ein gezinktes Roulettespiel zu entlarven: Diverse Durchgänge sind notwendig, um einen Trend zu erkennen. Rund 40-mal berechnet der Computer das Wettergeschehen für eine Jahreszeitenprognose, der Durchlauf dauert zwei Wochen. Das programmierte Formelwerk soll das Zusammenspiel von Sonneneinstrahlung, Verdunstung, Wolkenbildung, Niederschlag und Wind ermitteln.

Weil kleinste Abweichungen oft große Änderungen verursachen, errechnet jedes der 40 Modelle ein anderes Wetter. Die Meteorologen ignorieren die einzelnen Ergebnisse jedoch, sie interessieren sich nur für den Mittelwert: Je ähnlicher sich die Resultate der Modelle sind, desto vertrauenswürdiger ist die Prognose.

Der Vorhersage für diesen Sommer zufolge muss Deutschland mit mehr Regen als üblich rechnen. "Verlassen Sie sich nicht allein auf dieses Ergebnis, wenn Sie Entscheidungen zu treffen haben", warnt indes der britische Wetterdienst Met Office, der die Regenprognose veröffentlicht hat.

Zu weit auseinander lägen die 40 Modell-Ergebnisse, um einen eindeutigen Trend herauslesen zu können. Der DWD hält die Regenprognose gar für "nicht zufriedenstellend" - und verzichtete auf die Publikation. "Kaum besser als Würfeln" seien die Resultate, sagt Gerhard Lux.

Der Temperaturtrend indes lasse einen relativ warmen Sommer erwarten, berichtet der DWD. Mit "55 Prozent Wahrscheinlichkeit" würde es wärmer als im Durchschnittssommer des Vergleichszeitraums 1961 bis 1990. Das Met Office hatte schon Ende April einen "Grillsommer" mit vielen Sommertagen angekündigt.

Manche Forscher zweifeln jedoch an der Aussagekraft der Jahreszeitenprognose: Die Durchschnittstemperatur lasse kaum Rückschlüsse auf die Witterung zu, gibt Jörg Kachelmann zu bedenken. Zudem mindere der Vergleichszeitraum die Bedeutung der Prognose: "Dass ein Sommer wärmer ist als zwischen 1961 und 1990, ist nichts Besonderes mehr", sagt Kachelmann. Das Klima habe sich schließlich erwärmt.

Für die Urlaubsplanung seien die Langfristprognosen nicht geeignet, räumt Paul Becker, Klimaberater beim DWD ein. Doch viele Unternehmen nutzten mittlerweile die kostenpflichtige Jahreszeitprognose, für sie zähle die Durchschnittstemperatur. Manche Firmen kalkulierten ihren Energiebedarf auf Grundlage der Prognosen.

Auch die Nachfrage anderer wetterabhängiger Produkte lasse sich anhand der Vorhersagen besser absehen, sagt Gerhard Lux: Hersteller von Mineralwasser oder Insektenschutzmitteln etwa profitierten von der Sommervorhersage. Trotz der Nachfrage befinde sich die langfristige Wetterprognose weiterhin in der Testphase, erläutert der DWD.

Diverse Vorhersagen der letzten Jahre gingen daneben. Für 2007 sahen die Modelle beispielsweise das weltweit wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen kommen. Doch es wurde deutlich kühler als angenommen, 2007 belegt nur Platz sieben auf der Liste der wärmsten Jahre.

© SZ vom 25.06.2009/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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