Verhaltensbiologie:Außenseiter müssen Wache schieben

Murmeltiere verlassen sich darauf, dass Artgenossen sie vor Gefahren warnen (Foto: Snanthanu Bhardwaj/CC by SA)

Forscher haben jahrelang das soziale Netz einer Murmeltierkolonie rekonstruiert. Jedes Tier hat wohl eine ganz bestimmte Aufgabe im sozialen Gefüge. Die Rangniederen bekommen eher die gefährlichen Aufgaben.

Von Hanno Charisius

Bei den Murmeltieren ist es wie beim Militär: Nicht die Anführer schieben dauernd Wache, sondern diejenigen, die weiter unten in der Hierarchie stehen. Das zeigen Beobachtungen aus sechs Murmeltierkolonien in den Rocky Mountains. Seit dem Sommer 2002 haben Biologen um Daniel Blumstein von der University of California in Los Angeles versucht, die sozialen Interaktionen wie Warnpfiffe, freundliche Nasenstüber, Rangeleien und Zärtlichkeiten zwischen den mehr als einhundert Tieren so lückenlos wie möglich aufzuzeichnen.

Aus ihren Beobachtungen rekonstruierten die Forscher schließlich das soziale Netzwerk der Nager. Die Daten zeigen, dass vor allem rangniedere Murmeltiere mit wenigen Kontakten Warnrufe abgeben, etwa wenn sich ein Kojote der Kolonie nähert oder ein Raubvogel am Himmel kreist ( Behavioral Ecology, online). Bislang waren Verhaltensökologen davon ausgegangen, dass vor allem die gut vernetzten Tiere Alarm schlagen, um ihre Clique zu warnen.

Blumstein und Kollegen spekulieren nun, dass die Außenseiter auf diese Weise versuchen, ihr Ansehen in der Kolonie zu steigern. Durch vermehrtes Rufen könnten sie allerdings auch versuchen, Feinde möglichst frühzeitig abzuschrecken, weil sie nicht auf Hilfe von anderen Murmeltieren zählen können. Mit einem einzelnen Pfiff warnen Murmeltiere vor akuten Bedrohungen wie angreifende Adler. Mehrere Pfiffe in Folge weisen auf einen in der Nähe herumlungernden Feind hin.

© SZ vom 27.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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