Das Kino von Lambokely verfügt über drei Sitzplätze. Einer davon, ein weißer Plastikstuhl, bleibt dem Dorfpräsidenten Zafimamy vorbehalten. Die beiden anderen Sitzgelegenheiten haben sich zwei Jugendlich gesichert, sie kippeln auf zwei gelben Plastikkanistern. Die übrigen Zuschauer sitzen auf dem Erdboden oder stehen im Halbkreis vor der Leinwand.
Popcorn gibt es nicht, nur einem Kampfhahn werden Maiskörner in den Schnabel gestopft. Einige Dorfbewohner sind kurz vor Sonnenuntergang mit dem Zebu-Karren angereist. Manchmal schnauben die Buckelrinder hinter den Zuschauern leise in der Dunkelheit. Spannung liegt in der Luft. Eine Kinovorführung, das gab es noch nie in Lambokely.
"Kleines Wildschwein" bedeutet der Name des Ortes. "Weil es hier von den Tieren einige gab, früher", sagt Zafimamy. Die Holzhütten des Dorfes liegen über mehrere Kilometer verstreut in einer sandigen Ebene. Der Wald ist abgeholzt, bis zum Horizont. Nur vereinzelt ragen verkohlte Baumstämme in den Himmel. Lambokely liegt in einer abgelegenen Region an der Westküste Madagaskars.
Die Erde hier ist ziegelsteinfarben. Es ist Trockenzeit, die meisten Pflanzen haben ihre Blätter abgeworfen und sind von rotem Staub überzogen. Strom gibt es nicht im Dorf. 2500 Menschen leben hier, etwa 40 sind gekommen, um die Filmvorführung zu sehen.
Wenn es so weiter geht, sind in 40 Jahren alle Wälder Madagaskars verloren
Die madagassische Biologin Domoina Rabarivelo koordiniert das Kino-Projekt. Sie hat vor einigen Tagen das Einverständnis des Dorfpräsidenten eingeholt. Gemeinsam mit zwei Helfern hat sie die Leinwand an der Seite einer Holzhütte aufgespannt. Drei Meter davor steht eine bierkastengroße Box mit Beamer und Lautsprecher.
Strom liefert ein Generator, angetrieben durch Beinarbeit auf einem grünen Trimmrad ohne Lenker. Ein Sohn des Dorfvorstehers Zafimamy - sportlich gekleidet mit Baseballkappe, Jeans und T-Shirt der Fußball-WM 2014 - meldet sich freiwillig. Als er mit verschränkten Armen in die Pedale tritt, erfüllt madagassische Musik die Nacht, und auf der Leinwand flimmern erste, zitternde Bilder.
Die Idee für das mobile Kino stammt von Matthias Markolf, Biologe und Mitbegründer des Göttinger Naturschutzvereins Chances for Nature. Er will die Dorfbewohner für ihre Umwelt sensibilisieren. "Die meisten Madagassen wissen leider nicht, welche Schätze die Insel beherbergt", sagt er. "Die wollen wir den Menschen zeigen. Und alternative Lebensweisen vorstellen, die den Menschen selbst helfen und gleichzeitig die Umwelt schonen."
Dafür hat der Verein den halbstündigen Dokumentarfilm gedreht, der jetzt in Lambokely läuft. Auf Madagassisch. Keine Selbstverständlichkeit auf der Insel, obwohl in kleineren Dörfern oft niemand die zweite Amtssprache Französisch spricht.