Tsunami in Indonesien:"Das Warnsystem hat funktioniert"

Nach dem Tsunami in Indonesien mit mehr als 300 Toten wurde Kritik am Warnsystem laut. Daniel Acksel vom Geoforschungszentrum Potsdam weist die Vorwürfe zurück.

Patrick Illinger

Nachdem am vergangenen Montag eine Flutwelle in Indonesien mehr als 300 Menschenleben gefordert hat, wurde Kritik laut an dem Tsunami-Warnsystem, das vom deutschen Geoforschungszentrum Potsdam vor Ort aufgebaut wurde. Projektmanager Daniel Acksel wehrt sich gegen den Vorwurf, die Technik hätte nicht funktioniert

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Das Warnsystem vor Indonesien, sagt Daniel Acksel vom Geoforschungsinstitut Potsdam, hat funktioniert. Aber das Erdbebenzentrum lag so nahe an den betroffenen Küsten, dass die Welle bereits auf den Strand traf, als die Warnmeldung verschickt wurde.

(Foto: ddp)

SZ: War während des Bebens vom 25.Oktober und der folgenden Flutwelle Ihr Warnsystem defekt, wie es indonesische Behörden beklagen?

Acksel: Das Warnsystem insgesamt hat funktioniert. Das nationale Warnzentrum in Jakarta hat nach viereinhalb Minuten eine Warnung an die örtlichen Stellen herausgegeben. Das Erdbebenzentrum lag aber leider so nahe an den betroffenen Küsten, insbesondere der Pagai-Inseln, dass die Welle bereits auf den Strand traf, als die Warnmeldung verschickt wurde.

SZ: Also haben die Warnbojen funktioniert?

Acksel: Die Bojen sind nur Teil eines Netzes aus verschiedenen Sensoren in der gesamten Region. Das Kernsystem sind 160 seismologische Stationen in ganz Indonesien. Diese haben das Erdbeben anhand der Erschütterungen als Erstes lokalisiert, auch die Stärke. Allein darauf basierend hat das nationale Warnzentrum die Warnung herausgeben können. Tatsächlich hat eine von zwei Bojen in der Nähe des Epizentrums nicht funktioniert, zu dieser Boje haben wir seit einigen Wochen keinen Funkkontakt. Es ist eine Reparaturfahrt geplant. Eine schnellere Warnung wäre aber auch mit dieser Boje nicht möglich gewesen.

SZ: Wozu braucht man die Bojen dann überhaupt?

Acksel: Das seismische System misst nur Erdbeben. Daraus resultierend können wir eine erste Warnung verschicken. Diese gleichen wir dann mit weiteren Sensoren ab, dazu gehören GPS-Melder, Küstenpegel und die Hochsee-Bojen. Die Bojen sind draußen, manchmal über 5000 bis 6000 Meter Wassertiefe verankert. Sie schlagen an, wenn eine Flutwelle sie erreicht. Da können aber auch mal sechs, acht oder auch zehn Minuten vergehen, bis deren Daten im Warnzentrum vorliegen. Die vielen Bestandteile des Warnsystems machen es sicherer, falls mal einzelne Teile ausfallen.

SZ: Gibt es einen Zeitraum, in dem eine Warnung die Menschen sicher erreicht?

Acksel: Eine Warnmeldung braucht etwa fünf Minuten. Das ist auf Grund der Physik nicht früher zu machen. An Küsten, wo die Wellen vor diesem Zeitraum auftreffen, hat man keine guten Chancen. Die meisten Beben entstehen aber im Sundagraben; auf den Hauptinseln Indonesiens bleiben dann etwa 20 Minuten Zeit, bis ein Tsunami kommt.

SZ: Geht auch Zeit verloren, bis eine Warnung aus der Hauptstadt die Küstengebiete erreicht?

Acksel: Technisch braucht diese Verteilung nur Sekunden. Aber den Weg einer Warnmeldung bis zu den lokalen Behörden können wir nicht beeinflussen.

SZ: Warum beklagen indonesische Beamte, Warnbojen seien zerstört gewesen?

Acksel: Das passt nicht in diesen Zusammenhang. Wir hatten, seit die ersten Bojen 2007 und 2008 in Betrieb gingen, durchaus Fälle von Vandalismus, zerstörte Bojen. Aber das hat in diesem Fall nicht die Warnung behindert. Am 25.Oktober traf die Flutwelle auf die Küste der vor Sumatra liegenden Inseln, bevor sie die nächstgelegene Boje erreichte.

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