Schlechte Stimmung:Die Jugend sucht das Unglück

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Ein Hang zur miesen Laune: Junge Menschen haben häufiger schlechte Laune als ältere. Schuld daran sind offenbar nicht nur die Hormone.

Das Bild des miesepetrigen Teenagers, der schlecht gelaunt und kaum ansprechbar durch den Tag geht, gibt es nicht ohne Grund. Denn Heranwachsende haben deutlich häufiger Stimmungstiefs als Erwachsene. Forscher des Berliner Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung haben nun auch eine Ursache gefunden, die dafür entscheidend sein mag: Die Jugendlichen wollen es gar nicht anders ( Psychological Science, Vol. 20, No. 12: 1529-1535, 2009).

Gute oder schlechte Laune - auch eine Frage des Willens. (Foto: Foto: iStock)

Der Untersuchung zufolge haben Heranwachsende nämlich nicht nur häufiger schlechte Laune als ältere Menschen, sondern sie versuchen auch selbst sehr viel mehr, negative Gefühle zu erhalten oder sogar zu verstärken.

Ganz im Gegensatz zu Erwachsenen: Mit zunehmendem Alter überwiegt nämlich der Willen zur Zufriedenheit. Insbesondere Menschen über 60 Jahren fühlen sich im Alltag emotional nicht nur häufig wohler als Jüngere, sondern neigen auch häufiger dazu, ihre positiven Gefühle aufrechtzuerhalten und negative Gefühle, wie zum Beispiel Ärger, dämpfen zu wollen.

Für die Studie wurden 378 Personen im Alter von 14 bis 86 Jahren drei Wochen lang mit speziellen Mobiltelefonen ausgestattet, die sie bei sich trugen, während sie ihrem normalen Alltag nachgingen. In dieser Zeit wurden sie 54 Mal kontaktiert, um Fragen zu ihrer momentanen Stimmung zu beantworten.

Mittel zur Abgrenzung

14 bis 18 Jahre alte Teilnehmer gaben in etwa einem Viertel der abgefragten Situationen an, ihre momentanen negativen Gefühle erhalten oder sogar verstärken beziehungsweise positive Gefühle dämpfen zu wollen. Von den über 60 Jährigen wurden diese sogenannten kontra-hedonischen Bestrebungen dagegen in nur durchschnittlich jeder zehnten abgefragten Situation berichtet.

"Diese Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass ein Teil der altersabhängigen Unterschiede im emotionalen Wohlbefinden auf Unterschiede darauf zurückführbar sind, wie Personen verschiedener Altersgruppen sich fühlen wollen", erläutert Michaela Riediger, Psychologin und Leiterin der Studie.

Im Willen schlechter Laune vermuten die Autoren einen Mechanismus, der Jugendlichen dabei hilft, sich von Eltern oder anderen Erwachsenen abzugrenzen und emotional unabhängig zu werden.

Der hohe Anteil pro-hedonischen Verhaltens bei Älteren stimmt dagegen mit Beobachtungen anderer Studien überein. Demnach messen ältere Erwachsene aufgrund der wahrgenommenen Begrenztheit der verbleibenden Lebenszeit der Verbesserung ihres emotionalen Wohlbefindens im Hier und Jetzt zunehmend Bedeutung bei.

Die in dieser Studie gewonnenen Daten alltäglicher Gefühlsregulationsprozesse sind in Kooperation mit dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) erhoben worden, das seit 25 Jahren Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung und Gesundheit von 20.000 Personen in 10.000 Haushalten in Deutschland erfasst. Die Einbindung psychologischer Parameter in das SOEP ermöglicht es, Ursachen individueller Unterschiede in Lebensverläufen zu erforschen.

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