Satellitenabsturz:Wenn sechs Tonnen Schrott vom Himmel fallen

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Eine Gefahr für Menschen ist nicht ausgeschlossen. Aber wen wird es treffen? Ein ausgedienter Forschungssatellit stürzt in der Nacht zu diesem Samstag aus seiner Umlaufbahn Richtung Erde.

Patrick Illinger

Eine nicht nur für Wissenschaftler interessante Frage lautet in diesen Tagen: Kann ein sechs Tonnen schweres Objekt mit den Ausmaßen eines Reisebusses die Erdatmosphäre durchfliegen, ohne vollständig zu verglühen? Die Antwort wird für diesen Samstag erwartet.

Dann nämlich wird ein 20 Jahre alter ausgedienter Forschungssatellit der Nasa, der bereits seit sechs Jahren ohne Treibstoff durch den Orbit taumelt, aus seiner Umlaufbahn in Richtung Erde stürzen.

Der größte Teil des Raumfahrzeugs namens UARS ( Upper Atmosphere Research Satellite) wird dabei verglühen. Einzelne Bestandteile könnten es jedoch bis zum Erdboden schaffen - und womöglich Menschen treffen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Absturz fatale Folgen hat, wird derzeit mit eins zu 3200, also 0,03 Prozent angegeben.

Mit 99,97 Prozent Wahrscheinlichkeit wird somit nichts passieren. Doch angesichts des Restrisikos wird wohl nicht jeder Erdbewohner in der Nacht zum Samstag sorglos in den Himmel blicken.

Gegen Mitternacht deutscher Zeit wird der ehemalige Forschungssatellit in die dichteren Luftschichten der Atmosphäre eintauchen und sich aufgrund der hohen Eintrittsgeschwindigkeit von mehr als 25 000 Kilometer pro Stunde kräftig aufheizen.

Weil der UARS zum größten Teil aus vergleichsweise leicht schmelzbarem Aluminium besteht, wird er zu mindestens 90 Prozent verglühen. 26 Bestandteile jedoch, so hat es die Nasa errechnet, könnten auf der Erdoberfläche einschlagen. Die fünf größten dieser Stücke wiegen zwischen 27 und 158 Kilogramm. Es sind beständige Teile aus Stahl oder Titan, unter ihnen der Treibstofftank.

An welchem Punkt auf der Erde der Weltraumschrott niederregnen wird, lässt sich der Nasa zufolge derzeit noch nicht errechnen. Nur so viel: Regionen nördlich und südlich der 57. Breitengrade werden nicht betroffen sein.

In Europa können Schotten, Norweger, Nordschweden und Finnen somit aufatmen. Der Einschlagwinkel wird zudem flach sein. Die Nasa-Experten erwarten, dass sich mögliche Überreste über einen 400 bis 500 Kilometer langen Streifen verteilen werden.

60 bis 90 Tonnen Weltraumschrott kommen nach Angaben des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt jährlich aus dem All zurück. Das meiste davon verglüht jedoch unbemerkt. Mit dem UARS, der von 1991 bis 2005 die Zusammensetzung der Erdatmosphäre erforschte, stürzt nun eines der bisher größten Trümmerteile aus dem All auf die Erde.

Den Rekord hält allerdings nach wie vor Skylab, die 75 Tonnen schwere Raumstation, die im Jahr 1979 abstürzte. Einzelne Bruchstücke landeten damals im Westen Australiens. Im Jahr 2008, als ein havarierter amerikanischer Spionagesatellit abstürzte, entschloss sich das US-Militär zu einer drastischen Vorsichtsmaßnahme: Sie pulverisierte den Späher mit einer SM-3-Abfangrakete.

Ähnliches ist diesmal nicht vorgesehen, obgleich UARS zweieinhalb Mal so schwer ist wie der Spionagesatellit von 2008. Allerdings hatte dieser giftigen Treibstoff an Bord - und eine Menge sensibler Spionagetechnik.

© SZ vom 23.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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