Psychologie:Schon kleine Kinder sind gerecht

Sind Kleinkinder sture Egoisten, die erst im späteren Leben Moral und Empathie erlernen? Leipziger Forscher haben den Gerechtigkeitssinn von Dreijährigen untersucht. Es zeigt sich: Diebstahl ist nicht akzeptabel.

Von Patrick Illinger

Sind Kleinkinder sture Egoisten, so lange, bis sie im späteren Leben Grundprinzipien von Moral und Empathie erlernt haben? Mitnichten, sagt eine neue Studie des Leipziger Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie und der Uni Manchester.

In spielerischen Versuchen mit Puppen, die sich gegenseitig Gegenstände wegzunehmen schienen oder sie auf unfaire Weise verteilten, stellte sich heraus, dass bereits dreijährige Kinder einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn haben. Sie gaben, obgleich es sich um emotionslose Puppen handelte, Gegenstände an den "richtigen" Besitzer zurück und reagierten, wenn im Rollenspiel ein zwischenzeitlich versteckter Gegenstand später dem "falschen" Besitzer zurückgegeben wurde.

"Die Kinder setzten sich für das Opfer - die bestohlene Handpuppe - ebenso ein, als wären sie selbst betroffen", berichten die Forscher. "Es scheint, dass sich der Gerechtigkeitssinn im Zusammenhang mit dem einem Opfer entstandenen Schaden bereits in der frühen Kindheit entwickelt", so die Autoren.

Diese Erkenntnisse helfen zu verstehen, wie sich der unter Menschenaffen weniger verbreitete Gerechtigkeitssinn beim Menschen entwickelt hat. Vorschulkinder reagieren nach Ansicht der Forscher feinfühlig, wenn anderen ein Schaden entsteht. "Vor die Wahl gestellt, helfen sie lieber dem Opfer, den Schaden zu beseitigen, als den Übeltäter zu bestrafen", sagt Keith Jensen von der Universität Manchester. Er plädiert dafür, Kinder weniger für ein Fehlverhalten zu bestrafen. Für diese sei die Schadensbehebung als Lösung möglicherweise besser nachvollziehbar.

© SZ vom 19.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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