Psychologie:Einsamkeit steckt an

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Ein Gefühl mit Reichweite: Wer neben einem einsamen Menschen wohnt, verliert oft selbst nach und nach seine Freunde.

Einsamkeit kann einer US-Studie zufolge ansteckend sein. Nur ein einziger Mensch in einer Gruppe muss sich einsam und verlassen fühlen, und schon droht dieses Gefühl auf die übrigen Gruppenmitglieder überzugreifen, wie aus der diese Woche veröffentlichten Untersuchung hervorgeht. Frauen lassen sich rascher "infizieren" als Männer.

Der soziale Zusammenhang franst aus "wie ein Strickpulli mit verlorenen Maschen", stellten die Forscher fest. (Foto: Foto: dpa)

Einsame Menschen landeten automatisch nach und nach am Rand sozialer Gruppen, heißt es in der Untersuchung im Auftrag des Nationalen Instituts für Altersforschung. Bis sie jedoch völlig vereinsamten, steckten sie auch ihre wenigen Freunde mit dem Gefühl an, ausgeschlossen zu sein - diese verlören dann ihrerseits nach und nach ihre Freundschaften.

Das Gefühl der Einsamkeit wiederum beschleunigt laut der Studie den Prozess der Vereinsamung: Je einsamer sich Menschen fühlten, desto misstrauischer reagierten sie auf ihre Umwelt und desto schwerer falle es ihnen, neue Freundschaften zu schließen. "Dieser Prozess führt dazu, dass der soziale Zusammenhalt an den Rändern ausfranst wie ein Strickpulli mit verlorenen Maschen", warnt der Hauptautor der Studie, der Psychologe John Cacioppo von der Universität von Chicago.

Für ihre Untersuchung werteten Cacioppo und seine Kollegen an den Universitäten von Kalifornien, San Diego und Harvard die Sozialkontakte von mehr als 5100 Menschen über einen Zeitraum von zehn Jahren aus. Sie stellten unter anderem fest, dass nicht nur Menschen, die sich einsam fühlten, nach und nach ihre Kontakte verloren, sondern auch deren Nachbarn.

"Barrieren gegen die Einsamkeit"

Besonders leicht ließen sich laut der Studie Frauen von dem negativen Gefühl beeinflussen. Darin sehen die Forscher die These bestätigt, dass sie stärker auf emotionale Unterstützung durch ihre Mitmenschen bauen als Männer.

Um die Gefahr zu stoppen, dass das soziale Netz an den Rändern immer weiter ausfranst, schlägt Psychologe Cacioppo der Gesellschaft vor, bewusst "Barrieren gegen Einsamkeit" aufzubauen. Die Untersuchung erscheint in der Dezember-Ausgabe des Journal of Personality and Social Psychology.

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