Psychologie:Bescheidene Menschen sind hilfsbereiter

Wen sollte man um Hilfe bitten? Den Wichtigtuer, der sich mit der Hilfestellung brüsten kann? Oder besser den unscheinbaren Kollegen? Am aussichtsreichsten ist offenbar, besonders bescheidene Menschen um Unterstützung zu bitten.

Ein Student hat sich das Bein gebrochen und muss das Bett hüten. Welcher seiner Kommilitonen investiert die meiste Zeit, um ihm Notizen und Studienunterlagen vorbeizubringen? Einer, der besonders mitfühlend ist? Oder jemand, der gerade nicht viel zu tun hat und deshalb Zeit hat? Oder doch eher der Kommilitone, der erst kürzlich von der Hilfe des verletzten Studenten profitiert hat und sich nun revanchieren könnte? Dass derartige Faktoren die Hilfsbereitschaft eines Menschen beeinflussen, gilt als sicher. Doch ebenfalls entscheidend ist offenbar ein bislang weniger beachtetes Kriterium: Bescheidenheit. "Es scheint so zu sein, dass bescheidene Menschen im Durchschnitt hilfsbereiter sind als eingebildete oder geltungssüchtige Personen", sagt der Psychologe Wade Rowatt von der texanischen Baylor University ( Journal of Positive Psychology, online).

Rowatt und seine Kollegen untersuchten anhand von Fragebögen, wie bescheiden oder geltungssüchtig ihre Probanden waren. Derartige Fragebögen sind eine bewährte Methode, um die Persönlichkeit eines Menschen zu ermitteln. Dabei wird auch berücksichtigt, dass sich die meisten Menschen eher angesehene Eigenschaften zuschreiben als negative. Drei Experimente mit mehr als 300 Teilnehmern ergaben, dass sich ein Proband als umso hilfsbereiter zeigte, je bescheidener er war. Wer hingegen den Fragebögen zufolge eher als geltungssüchtig oder eingebildet galt, zeigte weniger Neigungen, dem verletzten Kommilitonen zu helfen. "Bescheidenheit ist eine positive Eigenschaft, die auch Vorteile bringt", folgert Studienleiter Rowatt.

© SZ vom 03.01.2012/kabl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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