Nobelpreise 2010:Wer verriet den Gewinner?

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Die Gewinner der Nobelpreise werden bis zur letzten Sekunde geheimgehalten. Von wem wusste eine schwedische Tageszeitung dann, dass Robert Edwards ausgezeichnet wird?

Christina Berndt

Auf der Webseite der Nobel-Stiftung tickte am Montagmittag noch wichtigtuerisch der Countdown. Fast auf die Minute genau, um zwei Minuten nach halb zwölf, enthüllte die Stiftung den Namen des Medizin-Nobelpreisträgers 2010.

Als am Karolinska-Institut in Stockholm verkündet wurde, dass Robert Edwards den Nobelpreis für Medizin erhalten soll, hatte eine schwedische Tageszeitung dies schon lange verraten. (Foto: AFP)

Doch zu enthüllen gab es eigentlich nichts mehr. Das hatte frühmorgens schon die schwedische Tageszeitung Svenska Dagbladet übernommen. Sie präsentierte den Namen des Nobelpreisträgers Robert Edwards auf ihrer Titelseite.

Die Aufregung ist auch am Tag danach noch groß: Am Karolinska-Institut in Stockholm, wo die Entscheidung über den Medizin-Nobelpreis alljährlich fällt, beäugen die Mitglieder der Nobelversammlung einander kritisch:

Woher wusste die Zeitung den Namen des diesjährigen Preisträgers? Gab es eine undichte Stelle in der Nobelversammlung, wie die Zeitung behauptete? Hatte ein Bote die Pressemitteilung, die schon vorab gedruckt war, an die Zeitung weitergegeben? Oder hat die Redakteurin einfach alles auf eine Karte gesetzt und zufällig richtig getippt?

Letzteres will jedenfalls der Sekretär der 50-köpfigen Nobelversammlung der Öffentlichkeit weismachen. "Es gibt immer Spekulationen", sagt Göran Hansson. "Wir kommentieren diese nie. Ich weiß nicht, warum eine schwedische Morgenzeitung in diesem Jahr Recht damit hatte." Es sei aber ein himmelweiter Unterschied zwischen den üblichen Spekulationen und der Vorabbekanntgabe eines Preisträgers, protestiert das Konkurrenzblatt Dagens Nyheter. Der Fall sei "sonderbar und schädlich" für den guten Ruf des Nobelpreises.

Dem stimmt auch Hugo Lagercrantz zu, Pädiatrie-Professor und Mitglied der Nobelversammlung: "Ich wachte auf, sah den Bericht und war geschockt. Ich kann nicht verstehen, wie das passieren konnte." Zweifelsohne lebt das hohe Ansehen des Nobelpreises auch vom Nimbus des Geheimen.

Die Unabhängigkeit und Verschwiegenheit aller Beteiligten sind legendär. Schließlich wird üblicherweise nicht einmal bekanntgegeben, wer zu den vielen Nominierten gehört, die jedes Jahr von einem erlauchten Kreis von nicht weniger als 3000 Personen vorgeschlagen werden. Die Nobel-Statuten schreiben vor, 50 Jahre lang Stillschweigen über diese Tausenden von Namen zu wahren - im Öffentlichen wie im Privaten.

© SZ vom 06.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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