Motivationsforschung:Das machen alle so

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Einweg-Kaffeebecher sind zum Problem für die Umwelt geworden (Foto: dpa)
  • Psychologen haben untersucht, wie sich Menschen zu umweltfreundlichem Verhalten motivieren lassen.
  • Laut dem Experiment funktioniert das besonders gut, indem der Herdentrieb geweckt wird; also mit dem Hinweis, dass viele andere auch so handeln.
  • Die Forscher untersuchten das am Beispiel von Pappbechern für Kaffee.

Von Sebastian Herrmann

Die Fahrer übermotorisierter Stadttraktoren sind ein beliebtes Feindbild. SUVs beanspruchen viel zu viel Platz auf den chronisch verstopften Straßen. Der Spritverbrauch dieser Autos ist hoch, das belastet Klima und Luftqualität. Und wenn einem dann auf der Autobahn so ein Geschoss an der Stoßstange hängt, ist oft unklar, ob es sich um ein Überholmanöver oder einen Tötungsversuch handelt. SUVs gelten sehr vielen Menschen als Paradesymbol der Verschwendung und des Egoismus. Jedoch halten diese weitverbreiteten moralischen Verurteilungen kaum jemanden davon ab, sich einen SUV zu kaufen: Die Industrie verdient prächtig mit den Modellen. Und deren Besitzer halten ihre Kritiker vermutlich für penetrante Öko-Spießer, die lieber die linke Spur freigeben sollten, statt zu moralisieren.

Die Menschen sind bockig und stur. Sie ändern ihr Verhalten höchst ungern, egal, wie gut die Argumente sind. "Wer andere auf Fehlverhalten hinweist, provoziert damit vor allem Ablehnung", sagt David Loschelder von der Leuphana-Universität Lüneburg. Der Psychologe hat gerade eine Studie publiziert, die einen möglichen Ausweg anbietet - was in Zeiten des Klimawandels, so lästig das auch klingen mag, nicht ganz unwichtig sein könnte. Die kurze Nachricht lautet: Um Verhalten zu ändern, sollte man den Herdentrieb des Menschen ausnutzen. "Dazuzugehören, Teil einer Gruppe zu sein, sind menschliche Grundbedürfnisse", sagt Loschelder. Wer nicht weiß, was er tun soll, der schaut eben erst einmal, was die anderen machen, und orientiert sich dann daran.

Vorwürfe provozieren Widerstand

Die Psychologen um Loschelder untersuchten das am Beispiel einer neben SUVs weiteren Pest der Gegenwart: den Coffee-to-go-Bechern. Laut der deutschen Umwelthilfe werden alleine in Deutschland jährlich drei Milliarden der plastikbeschichteten Pappbehälter weggeworfen. Angesichts dieser Dimensionen wäre es doch wünschenswert, wenn mehr Kunden aus wiederverwendbaren Tassen trinken würden.

In den Versuchen der Psychologen in einem Uni-Café ließen sich die Kunden am ehesten dazu umstimmen, wenn sie auf das Verhalten der anderen Besucher hingewiesen wurden: "Immer mehr wechseln von einem To-go-Becher zu einer nachhaltigen Alternative" stand auf einem Schild, das die Forscher im Café angebracht hatten. Auf diese Weise stieg der Verkauf von Heißgetränken in Mehrwegbechern im Untersuchungszeitraum um gut 17 Prozent an. Das ist nicht die Welt, aber ein kleiner Beginn, ohne Verbot etwas zu bewirken.

Wer sich unsicher ist, kopiert eben das Verhalten der anderen Menschen und lässt sich davon inspirieren. Im Guten wie im Schlechten: Wenn sich viele Kunden einen SUV kaufen, dann eifern viele andere ihnen nach, weil es normal ist, so ein Auto zu besitzen. Wer Käufer vom Erwerb einer Riesenkiste abhalten will, könnte also darauf hinweisen, dass sich immer mehr Kunden für spritsparende Modelle entscheiden.

Natürlich muss diese Aussage auch zutreffen, sonst würde es sich um unlautere Manipulation handeln. Dennoch bleibt die Aussage bestehen, dass sich Menschen lieber am Verhalten anderer orientieren, statt sich belehren zu lassen. Vorwürfe provozieren dagegen Widerstand - besonders, wenn sie auch noch stimmen.

© SZ vom 01.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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