Meeresanstieg:Vor uns die Sintflut

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Selbst wenn die Politiker sich auf einen vernünftigen Klimaschutz einigen könnten - das Anschwellen der Ozeane lässt sich nicht mehr schnell genug bremsen: Bis zum Jahr 2300 droht ein Anstieg des Meeresspiegels um 1,5 bis vier Meter, warnen Klimaforscher.

Christopher Schrader

Der Meeresspiegel könnte bis zum Jahr 2300 um vier Meter steigen, selbst wenn die Politiker im frühen 21. Jahrhundert alles richtig machen. Das Anschwellen der Ozeane lasse sich nicht so schnell bremsen wie der Anstieg der Lufttemperatur, erklärt eine Gruppe von Klimaforschern, die mit Hilfe ihrer Computer fast 200 Jahre in die Zukunft geschaut haben. Die Höhe der Weltmeere reagiere mit 50 Jahren Verzögerung auf Maßnahmen eines möglichen Klimaschutzes ( Nature Climate Change, online).

Konstruktionen wie diese hier in Australien werden in Zukunft nichts mehr nutzen. Selbst wenn sich die Menschheit zu ehrgeizigen Maßnahmen zum Schutz des Klimas durchringt, droht ein Anstieg von 1,5 bis 4 Metern. (Foto: Reuters)

Das Team um Michiel Schaeffer von der gemeinnützigen Umweltorganisation Climate Analytics in Berlin und Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hat zwei Ziele der Klimapolitik betrachtet.

Zum einen, die Erwärmung auf zwei Grad Celsius bis zum Ende dieses Jahrhunderts zu begrenzen, was sich die Regierungen der Welt auf den Gipfeln von Kopenhagen bis Durban vorgenommen haben. Konkrete Beschlüsse dazu gibt es nicht; das Ziel verbindlich zu beschließen und erst recht es zu erreichen, wäre ein gewaltiger Erfolg.

Zum anderen betrachten die Klimaforscher um Schaeffer, welche Folgen eine noch ehrgeizigere Politik hätte, die die Erwärmung um 1,5 Grad bremst. Die berechneten Zahlen bezeichnen die Forscher als "plausible Schätzungen", weil die Mechanismen der Meereshöhe nur ungenau bekannt sind. In ihre Berechnungen haben sie Daten aus den vergangenen 1000 Jahren einfließen lassen.

In beiden Fällen wäre der Horizont der politischen Beschlüsse das Jahr 2100. Der Meeresspiegelanstieg könnte zu jenem Zeitpunkt das Dreifache heutiger Werte erreichen: neun bis zehn Millimeter pro Jahr. Er ginge in beiden Fällen noch einige Jahrhunderte weiter.

Bei der ehrgeizigeren Politik, die die Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzt, dürften die Meere um insgesamt 1,5 Meter anschwellen. Der Anstieg würde im Jahr 2300 zum Stillstand kommen.

Die Zwei-Grad-Politik hingegen hätte zur Folge, dass die Ozeane um 2,7 Meter steigen. Werte zwischen 1,6 und 4,0 Metern wären auch möglich. Außerdem würde sich der Meeresspiegel im Jahr 2300 immer noch gut doppelt so schnell erhöhen wie heute, ein Ende wäre nicht in Sicht.

Verpasst die Politik einen effektiven Klimaschutz, ist bis 2300 mit einem Anstieg um bis zu fünf Meter zu rechnen, bei ungebremster, viermal so schneller Zunahme wie heute. Viele Inseln und Städte würden bewohnte Küstenstreifen verlieren. In New York bewirke schon ein Anstieg um einen Meter, dass schwere Überflutungen im Mittel alle drei Jahre statt einmal im Jahrhundert auftreten, sagt Rahmstorf.

© SZ vom 23.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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