Vatikan:"Nobelpreis an Edwards ist vollkommen deplatziert"

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"Kühlschränke, gefüllt mit Embryonen": Der Ethik-Sprecher des Vatikans kritisiert die Verleihung des Medizin-Nobelpreises an Robert Edwards, der die Methode der künstlichen Befruchtung entwickelt hat.

Das Nobelpreiskomitee gibt den Namen des Preisträgers für Medizin bekannt - und prompt kommt scharfe Kritik aus Rom:

"Vollkommen deplatziert" findet man es im Vatikan, dass Robert Edwards für die Entwicklung der künstlichen Befruchtung mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wird. (Foto: dpa)

Der Vatikan hat die Vergabe des diesjährigen Preises an den "Vater" der Reagenzglasbabys, Robert Edwards, scharf verurteilt.

"Ich halte die Wahl von Edwards für vollkommen deplatziert und die Gründe dafür sind zahlreich", sagte der Präsident der vatikanischen Akademie für das Leben, Monsignore Ignacio Carrasco de Paula am Montagabend.

Ohne den britischen Wissenschaftler gäbe es "keinen Markt, auf dem Millionen von Eizellen verkauft werden". Auch würde "nicht eine Vielzahl von Kühlschränken gefüllt mit Embryonen" existieren, die im besten Fall darauf warteten, in eine Gebärmutter verpflanzt zu werden, aber mit größerer Wahrscheinlichkeit dazu verurteilt seien, zu sterben.

Der 85-jährige Brite Edwards hat am Montag für seine Technik der künstlichen Befruchtung als alleiniger Preisträger die bedeutendste Auszeichnung für Mediziner erhalten.

Seine zunächst sehr umstrittene Methode habe vielen Menschen geholfen - immerhin seien mehr als zehn Prozent der Paare unfruchtbar, begründete das Nobel-Komitee die Entscheidung. Etwa vier Millionen Kinder wurden inzwischen mit Hilfe der künstlichen Befruchtung gezeugt.

Monsignore Carrasco kritisierte dagegen: "Edwards hat das Problem der Unfruchtbarkeit nicht gelöst, sondern übergangen."

Die Kritik des Vatikans an Edwards ist nicht neu: In der Papstzeitschrift Osservatore Romano hatte der Erzbischof von Canterbury die Arbeit von Edwards und Steptoe als "Werk des Teufels" bezeichnet, nachdem das erste Retortenbaby Louise Brown 1978 zur Welt gekommen war.

1987 verwarf Rom die von Edwards entwickelte sogenannte In-vitro-Fertilisation (IVF) noch einmal eindeutig. In einem Dokument von der damals von Kardinal Joseph Ratzinger - dem heutigen Papst Benedikt XVI. - geleiteten Glaubenskongregation wurde IVF für unmoralisch erklärt, weil sie die natürliche sexuelle Vereinigung von Mann und Frau ersetze. Zudem führe sie zum Verbrauch von Embryonen. Das sei als Zerstörung des Lebens für die katholische Kirche nicht zulässig.

"Die Abtreibungsmentalität", die die IVF "möglich gemacht hat, führt so - ob man will oder nicht - zu einer Herrschaft des Menschen über Leben und Tod von seinesgleichen, die zu einer radikalen Erbauslese werden kann", heißt es in der Instruktion Donum Vitae. Jedes menschliche Wesen müsse "immer als Geschenk und Segen Gottes aufgenommen werden. Aus moralischer Sicht muss jedoch eine gegenüber dem Ungeborenen wahrhaft verantwortliche Zeugung die Frucht der Ehe sein."

2008 betonte der Vatikan unter Benedikt XVI. in der Instruktion Dignitas Personae erneut: "Gemäß der Kirche ist es darüber hinaus ethisch unannehmbar, die Fortpflanzung vom ganz personalen Kontext des ehelichen Aktes zu trennen."

Edwars selbst hatte schon vor der Geburt von Louise Brown in Artikeln ethische, religiöse und juristische Fragen angesprochen, die seine Methode auslösen würde, und strenge ethische Richtlinien für die Arbeit mit menschlichen Keimzellen und Embryonen gefordert. Seine Arbeit rechtfertigte er mit dem Ziel, auch Menschen zu Kindern zu verhelfen, die aus physiologischen Gründen keine Familie gründen konnten.

© dpa/AFP/mob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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