Kohlenstoffatome:23 Jahre Haft

Braunkohlekraftwerk in Jänschwalde

Braunkohlekraftwerke, wie hier im brandenburgischen Jänschwalde, gehören zu den größten CO2-Quellen.

(Foto: dpa)

23 Jahre lang bleiben Kohlenstoffatome durchschnittlich im Boden gebunden. Was diese Erkenntnis für den Klimawandel bedeutet, ist nicht ganz klar. Doch es scheint, dass sie in den Klimasimulationen zu wenig berücksichtigt wird.

Von Christopher Schrader

23 Jahre bleibt ein Kohlenstoffatom im Durchschnitt in Biomasse oder Erdreich gebunden, nachdem es von einer Pflanze bei der Photosynthese fixiert worden ist. Danach wird das Atom wieder frei, zum Beispiel weil "sein" Ast verrottet, und schwebt in einem Kohlendioxid-Molekül durch die Luft, um den Kreislauf neu zu beginnen, stellt ein Team um Markus Reichstein vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie (BCG) in Jena fest.

Die 23 Jahre sind globaler Durchschnitt, der Tropenwald gibt Atome im Mittel nach 14 Jahren wieder frei, die Tundra des hohen Nordens nach 65, die Gebiete nördlich des 75. Breitengrads erst nach 255 Jahren. Die Verweildauer hängt also davon ab, wie üppig die Vegetation wuchert und wie schnell sie vergeht. Als Basis diente eine globale Datenbank von Bodenproben (Nature, online).

Die Zahlen werfen ein Schlaglicht auf den ungeheuren Kreislauf von Kohlenstoff, der die belebte Welt durchzieht. Das Team aus Jena hat in seiner Studie für alle Regionen hochgerechnet, wie viel von dem Element in ihnen steckt. In der Summe kommen die Forscher auf gut 2800 Petagramm Kohlenstoff, also 2800 Milliarden Tonnen. Pflanzen machen etwa 15 Prozent davon aus, der Rest liegt im Boden. Ein Drittel der gesamten Menge ist in den Tropen gebunden. Die Polarregionen mit den ausgedehnten Wäldern sowie der Tundra binden ein weiteres Viertel des Kohlenstoffs.

Die ländliche Biosphäre enthält damit weit mehr von dem Element als die Atmosphäre. Hier sind es nach Angaben des Weltklimarats IPCC zurzeit etwa 830 Petagramm Kohlenstoff. Jedes Jahr tauschen Bio- und Atmosphäre ungefähr 120 Petagramm in beide Richtungen aus: Pflanzen brauchen Kohlendioxid für die Photosynthese, das sie bei ihrer Respiration, beim Verbrennen oder Verfaulen wieder freigeben. Das Ausatmen von Mensch und Tier fällt ebenfalls in diese Kategorie.

Auch zwischen Luft und Wasser fließt Kohlenstoff hin und her: 80 Petagramm in beide Richtungen tauschen die beiden Lebensräume pro Jahr aus. In den Ozeanen steckt dabei die größte Menge des im Prinzip für das Leben verfügbaren Kohlenstoffs: Allein im Oberflächengewässer sind es laut IPCC 900 Petagramm. Und in den etwas abgekoppelten mittleren und großen Tiefen stecken 37 000 Petagramm.

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