Klimawandel in Deutschland:Acatech veröffentlicht verwässerten Klima-Bericht

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Auch Deutschland muss aufgrund des Klimawandels mit Naturgefahren rechnen, warnt die Akademie für Technikwissenschaften Acatech. Allerdings erweckt sie den Eindruck, es sei unklar, ob die Klimaveränderungen tatsächlich vor allem auf den Menschen zurückgehen. Vier prominente Klimaforscher hatten die Arbeitsgruppe deshalb unter Protest verlassen.

Christopher Schrader

Trockenheit im Oderbruch. Deutschland muss sich aufgrund des Klimawandels auf mehr Hitzewellen, Trockenheit, erhöhte Waldbrandgefahr und Überschwemmungen gefasst machen, warnen Experten. (Foto: dpa)

Deutschland muss sich in den kommenden Jahren auf Naturgefahren vorbereiten, die der Klimawandel mit sich bringt: Hitzewellen, Trockenheit, erhöhte Waldbrandgefahr, von Fluten überschwemmte Tunnel und von Stürmen beschädigte Brücken. All diese Beispiele nennt ein am Montagabend in Berlin veröffentlichtes Positionspapier der Akademie für Technikwissenschaften Acatech.

Die Autoren, eine 39-köpfige Gruppe von Wirtschaftsvertretern und Wissenschaftlern, betonen daher, Deutschland müsse sich auf den Klimawandel einstellen. Dazu geben sie unter dem Titel "Anpassungsstrategien in der Klimapolitik" 19 Empfehlungen.

"Viele haben das Gefühl, Klimaanpassung sei etwas für Experten", sagt Volker Mosbrugger, Direktor der Senckenberg-Gesellschaft in Frankfurt und einer der Koordinatoren der Arbeitsgruppe, bei der öffentlichen Präsentation. "Wir wollen sie zum Thema für Cocktailpartys und Biertische machen." In einer Demokratie müssten die Bürger in die Lage versetzt werden, nötige Entscheidungen zu diskutieren.

In dem Bericht hat sich das Expertenteam von zwei Gedanken leiten lassen.

[] Erstens: Die politischen Versuche, den Ausstoß von Treibhausgasen zu begrenzen, sowie die Anpassung an unvermeidbare Folgen seien beide wichtig und dürften "nicht gegeneinander ausgespielt werden".

[] Zweitens: Der Klimawandel werde Deutschland nicht hart treffen. Seine Auswirkungen seien "grundsätzlich beherrschbar. Es werden hierzulande keine klimatischen Randbedingungen auftreten, die nicht bereits in anderen Regionen der Erde existieren."

Diese Zusammenfassung deckt sich zwar mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen über den regional unterschiedlichen Klimawandel in Deutschland. Aber sie verschleiert, dass drastische Veränderungen möglich und zu erwarten sind.

Dem Bericht fehlt zudem die Verve, die seine Autoren im persönlichen Gespräch zeigen; er liest sich, als sei der Arbeitsgruppe das Engagement abhanden gekommen, konkrete Vorschläge zu entwickeln.

Die meisten Empfehlungen sind erwartbar und pauschal. Da geht es um verstärkte Forschung, die Dokumentation guter Beispiele, genaue Überwachung und Bildung. Manche der Tipps sind nur als Stichwort notiert, dem fettgedruckten Titel folgt nicht einmal ein ausformulierter Satz.

Es ist daher anzunehmen, dass weiterhin der Streit über die Entstehung des Berichts dessen Wahrnehmung dominiert. Vier prominente Klimaforscher hatten die Arbeitsgruppe unter Protest verlassen, weil ein Entwurf des Reports den wissenschaftlichen Sachstand zur Entstehung des Klimawandels verwässert hatte.

Das Abschlussdokument versucht diesen Konflikt durch Zusammenkürzen der entsprechenden Passage zu lösen. Aber noch immer enthält sie einen Satz, wonach "nicht bekannt" sei, ob die beobachteten Veränderungen eher auf natürliche Ursachen oder auf Treibhausgase aus Schornsteinen und Auspuffen zurückgehen. Der Weltklimarat IPCC hingegen hatte 2007 der Menschheit den "größten Anteil" daran zugewiesen.

© SZ vom 23.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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